Das Online-Magazin zur Zeitschrift | HALBJAHRESMAGAZIN polar






polar #22: Zukunft der Öffentlichkeit




EDITORIAL

 
Liebe Leserin, lieber Leser


BEGEGNUNG

 
Sabine Meier
Third Places
Öffentliche Räume als Begegnungsorte mit dem Unbekannten
 
Ole Meinefeld
Geteilte Erfahrung
Für eine Politik des öffentlichen Raums
 
Heinz Bude
Begegnung und BerĂĽhrung
Was für eine Gesellschaft wäre eine »inklusive Gesellschaft«?
 
Carlos Becker
Kommunikative Autonomie
Zum demokratischen Wert der Privatheit
 
Darin Barney
Partizipatorische Verhältnisse
Verkehrung eines demokratischen Versprechens?
 
Thomas KrĂĽger
Wen erreicht politische Bildung?
Von Interessierten, SchĂĽler/innen, Bildungsbenachteiligten und Demokratieverdrossenen
 
Christoph Raiser
Andere Geschichten
Zur Erneuerung einer europäischen Öffentlichkeit
 
Moritz Hien
Bierdosen fĂĽr die Freiheit
Öffentliches Forum und private Märkte
 
Susann Neuenfeldt / Simon Strick
>DEMOCRACY<
Leonard Cohen – David Bowie – Prince – Phife Dawg



BLASE

 

Volker Gerhardt

Zu nah am Feuer

Das unvergleichlich Neue der digitalen Technik und ihre gerade darin unterschätzte Gefahr. Eine Überlegung in 8 Punkten.


1. Von Michel de Montaigne stammt die vielen vermutlich wie ein perfider Amoralismus erscheinende Bemerkung, dass sich nur das wirklich missbrauchen lasse, was zu etwas gut ist. Schon der Begriff des Missbrauchs zeigt an, dass es um eine Verwendung geht, die ihrem ursprünglichen Zweck entfremdet wird. Die Wahrheit dieser uns nur dann ermutigenden Einsicht, wenn wir die Freiheit erkennen, die uns darin eröffnet wird, liegt auf der Hand: Wer weder gehen noch sehen, weder sprechen noch denken, weder lieben noch verabscheuen kann, dem dürfte keines jener Übel anzulasten sein, die der Mensch unablässig verübt. Technisch gesehen, liegen Gut und Böse so nahe beieinander, dass Moral und Recht bereits größte Aufmerksamkeit darauf verwenden müssen, sie wenigstens situativ auseinanderzuhalten. Gift - in kleinen Mengen - kann Krankheiten heilen; in einer nur wenig erhöhten Dosis führt es zum Tod. Die großen Erfindungen, auf denen die Kultur des Menschen beruht, setzen dieses Ineinander von Gut und Böse nicht außer Kraft. Sie erklären vielmehr wie von selbst die Rede vom »Fluch«, der auf der Menschheit lastet. Von diesem Fluch ist schon in der Schöpfungsgesichte die Rede, die den »Sündenfall« in einer jeden um Wissen und Einsicht bemühten Menschen erschütternden Weise ausgerechnet in der Erkenntnis sieht.

2. Die Erfindung, die ihren Doppelcharakter bereits an sich selbst sowohl empfinden wie erkennen lässt, ist der Gebrauch des Feuers. Von ihm ist in der griechischen Variante des Mythos von der Menschwerdung die Rede. Sie entlastet den Menschen von der Schuld der Erkenntnis, weil hier ein Gott, Prometheus, das Feuer aus den vulkanischen Tiefen der Erde entwendet und dem von Natur aus schutzlosen Menschen zur Kompensation seiner körperlichen Mängel überlässt. Die Pointe ist hier jedoch, dass der Mensch durch die ihm überbrachte Gabe moralisch überfordert ist. Mit dem Gebrauch des Feuers gefährdet er sich selbst und damit auch den Bestand der Welt. Deshalb werden ihm durch ein weiteres, nunmehr vom Vater der Götter kommendes Geschenk die Scham und das Recht gewährt. Sie sollen ihm die Chance zu einem auch für die Welt günstigen Schutz aus eigener Einsicht eröffnen. Der erste Akt der im griechischen Mythos hervorgehobenen Sonderstellung des Menschen wird inzwischen durch Paläontologen, wie etwa Friedemann Schrenk, glaubhaft gemacht. Sie weisen nach, dass sich die Evolution des Menschen durch die Überwindung seiner Furcht und die dadurch ermöglichte Indienstnahme des Feuers wesentlich beschleunigt hat. Der im Mythos beschriebene zweite Akt: die Fähigkeit, Scham zu empfinden und Recht zu sprechen, hat sich hingegen jederzeit, das heißt: in der jeweiligen Gegenwart des Menschen zu beweisen. So jedenfalls wird es von Platon in dessen Deutung des Prometheus-Mythos im Dialog Protagoras gesehen, und so erfahren wir es bis heute - derzeit in einer für jeden offensichtlichen Eindringlichkeit: Durch die selbsterzeugte Dynamik im Einsatz der digitalen Technik stellt sich der Mensch vornehmlich selbst infrage. [...]


 
Jan-Hinrik Schmidt
Filterblasen und Echokammern
Das GefĂĽge digitaler Kommunikation
 
Boris Fust
Personalisierte Ausspielungen
Alter Wein in neuen digitalen Schläuchen?
 
Joachim von Gottberg
Ă–ffentliche Selbstbindungen
Das Prinzip der medialen Selbstkontrolle
 
Theresa Züger
Die Wahrheit und ihre neuen Kleider
Whistleblowing als Ausdruck gesellschaftlicher Wahrheitssuche
 
Arnd Pollmann
Ist es links? >Postfaktizität<
Authentischer Bullshit
 
Thomas Hoffmann
Ist es links? >Postfaktizität<
We’re all living in America
 
Christian Neuhäuser
Ist es links? >Postfaktizität<
Gefährliche Post-Phänomene
 
Sarah Tietz
Ist es links? >Postfaktizität<
Alles sinnlos
 
Christian Neuner-Duttenhofer
Haters gonna hate
Was tun gegen den Hass im Netz?
 
Jennifer Vogelsang
Versammlungsfreiheit 2.0
Vom Schutz der Zusammenkünfte im virtuellen Raum



MEIN HALBES JAHR

 
Johannes von Weizsäcker
Mein halbes Jahr: >Musik<
Jackie Lynn – The Fall
 
Elias Kreuzmair
Mein halbes Jahr: >Literatur<
Selbst – Die Toten – Die Literatur und das Recht auf den Tod
 
Peter Siller
Mein halbes Jahr: >Comic<
Deadly Class – Die Favoritin – Drei Steine – Ein diabolischer Sommer u.a.
 
Matthias Dell
Mein halbes Jahr: >Film<
Tatort: Freitod, Land in dieser Zeit – Vier gegen die Bank – Arrival



BARRIERE

 
Ludger Schwarte
Irgendjemand entscheidet
FĂĽr eine neue Theorie demokratischer Ă–ffentlichkeit
 
Maximilian Burk
Schreiben zum Tode
Authentizität und Text in Herrndorfs ''Arbeit und Struktur''
 
Verena Hepperle
Das wiederum.
Zum Selbstverständnis politisch engagierter Gegenwartsliterat/innen
 
Fiona GeuĂź
End Your Silence
Öffentlichkeitsverständnisse in der Kunst nach 1968
 
Ina Kerner
Leben im Kapitalismus: >offline/online<
 
Martin Saar
Leben im Kapitalismus: >Ă–ffentliches Sprechen<



SCHÖNHEITEN

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