Das Online-Magazin zur Zeitschrift | HALBJAHRESMAGAZIN polar






polar #22: Zukunft der Öffentlichkeit




EDITORIAL

 
Liebe Leserin, lieber Leser


BEGEGNUNG

 
Sabine Meier
Third Places
Öffentliche Räume als Begegnungsorte mit dem Unbekannten
 
Ole Meinefeld
Geteilte Erfahrung
Für eine Politik des öffentlichen Raums
 
Heinz Bude
Begegnung und BerĂĽhrung
Was für eine Gesellschaft wäre eine »inklusive Gesellschaft«?
 
Carlos Becker
Kommunikative Autonomie
Zum demokratischen Wert der Privatheit
 
Darin Barney
Partizipatorische Verhältnisse
Verkehrung eines demokratischen Versprechens?
 
Thomas KrĂĽger
Wen erreicht politische Bildung?
Von Interessierten, SchĂĽler/innen, Bildungsbenachteiligten und Demokratieverdrossenen
 
 

Christoph Raiser

Andere Geschichten

Zur Erneuerung einer europäischen Öffentlichkeit


Die Debatte um eine Europäische Öffentlichkeit ist eine Art Dauerbrenner im Feld der Sozialwissenschaften. Sie erlebt mit beständiger Regelmäßigkeit eine Renaissance vor den Europawahlen, erreicht sogar Massenmedien und Blogs, um danach auf kleiner Flamme und vor allem in akademischen Journals weiter zu köcheln. Wie aber steht es um diese elementare Kategorie der europäischen Demokratie?

Zwei Lager
Der Debatte zugrunde liegt die Annahme, dass demokratische Systeme nur dann ordentlich funktionieren können, wenn es auch eine Öffentlichkeit. In dieser Arena sollen Themen diskutiert, Debatten ausgefochten und vor allem soll in der Öffentlichkeit auch Kritik geäußert und kanalisiert werden, um eventuelle Fehlfunktionen des demokratischen Systems beheben zu können. Ein zentraler Bestandteil einer demokratischen Öffentlichkeit besteht demnach auch in einer offen zugänglichen, nicht zensierten und mithin unabhängigen Presse- und Medienlandschaft, über die geographisch nicht miteinander verbundene Teile der Gesellschaft miteinander sprechen können.

Die Debatte um eine Europäische Öffentlichkeit spielt sich dabei grob zwischen zwei Lagern ab, die der Einfachheit halber hier die Optimisten und die Pessimisten genannt werden sollen. Fangen wir mit Letzteren an: Die Pessimisten gehen davon aus, dass kulturelle Unterschiede (wie auch immer sie gelagert sein sollen) die Kommunikation über politische Ziele bereits erschweren. Selbst wenn es gemeinsame Ziele und Inhalte gebe, so die Pessimisten weiter, so gebe es immer noch die Sprachbarrieren, die jeglichen gemeinsamen Diskurs praktisch unmöglich machen. Die räumlich getrennten Teile der Europäischen Gesellschaft könnten nicht direkt miteinander kommunizieren und streiten und seien daher auf ein Mediensystem angewiesen wären, das die Verbindung herstellt. Dieses ist aber eben gerade durch die unterschiedlichen Sprachräume nicht möglich, daher gebe es auch keine Öffentlichkeit, die das System der Europäischen Institutionen stützen könne.

Die Optimisten hingegen halten dies für kein hinreichendes Argument, denn schließlich gebe es funktionierende mehrsprachige politische Systeme, etwa die Schweiz oder Kanada. Wichtig sei, dass überhaupt und wie miteinander geredet werde. Hier geschieht der Rückbezug auf Jürgen Habermas und sein Diktum, dass eine Öffentlichkeit dann entstehe, wenn dieselben Themen zur selben Zeit unter denselben Relevanzgesichtspunkten diskutiert würden. Dabei sind die beiden ersten Bedingungen relativ problemlos erfüllbar, denn inzwischen gibt es genügend Themen, die wirklich in weiten Teilen Europas zur selben Zeit diskutiert werden. Dabei hat sicherlich die Finanzkrise der letzten zehn Jahre und in ihrer Folge vor allem die Schuldenkrise in einigen europäischen Ländern einen interessanten, weil eventuell sogar integrationsfördernden Effekt gehabt - wenngleich natürlich darüber zu streiten wäre, inwiefern dabei gleiche Relevanzgesichtspunkte gelten, aber dazu später mehr. Darüber hinaus sind die medialen Möglichkeiten in den vergangenen 25 Jahren so weit gediegen, dass Teile der Debatte über die Unmöglichkeit von transnationaler Kommunikation, die in den 90er Jahren noch valide waren, heute eher absurd wirken. Echtzeitkommunikation über tausende von Kilometern hinweg war vor 25 Jahren noch eine Utopie, heute dagegen schon fast ein alter Hut. Man muss nicht ganz so weit gehen, und sich Leitartikel aller wichtigen Zeitungen in Europa per automatischem Übersetzer aufs Tablet schicken lassen, aber möglich ist das auf jeden Fall schon. Damit wird es auch theoretisch einfacher, sich gegenseitig zu beobachten bzw. die Argumente aus anderen regionalen Perspektiven zu übernehmen.

Schwierig wird es allerdings, wenn es um die Bewertung der Relevanzgesichtspunkte geht, unter denen Themen beobachtet und diskutiert werden. Denn unbestreitbar sind Medien, und darin haben die Pessimisten durchaus einen Punkt, nur schwer in der Lage, sich von ihrem nationalen Diskurs zu lösen. Europäische Themen und vor allem die Themen der letzten Jahre, wurden und werden durch eine nationale Brille hindurch berichtet und diskutiert. Das mag zwar schade sein, ist aber zunächst einmal so festzustellen. [...]


 
Moritz Hien
Bierdosen fĂĽr die Freiheit
Öffentliches Forum und private Märkte
 
Susann Neuenfeldt / Simon Strick
>DEMOCRACY<
Leonard Cohen – David Bowie – Prince – Phife Dawg



BLASE

 
Volker Gerhardt
Zu nah am Feuer
Das unvergleichlich Neue der digitalen Technik und ihre gerade darin unterschätzte Gefahr. Eine Überlegung in 8 Punkten.
 
Jan-Hinrik Schmidt
Filterblasen und Echokammern
Das GefĂĽge digitaler Kommunikation
 
Boris Fust
Personalisierte Ausspielungen
Alter Wein in neuen digitalen Schläuchen?
 
Joachim von Gottberg
Ă–ffentliche Selbstbindungen
Das Prinzip der medialen Selbstkontrolle
 
Theresa Züger
Die Wahrheit und ihre neuen Kleider
Whistleblowing als Ausdruck gesellschaftlicher Wahrheitssuche
 
Arnd Pollmann
Ist es links? >Postfaktizität<
Authentischer Bullshit
 
Thomas Hoffmann
Ist es links? >Postfaktizität<
We’re all living in America
 
Christian Neuhäuser
Ist es links? >Postfaktizität<
Gefährliche Post-Phänomene
 
Sarah Tietz
Ist es links? >Postfaktizität<
Alles sinnlos
 
Christian Neuner-Duttenhofer
Haters gonna hate
Was tun gegen den Hass im Netz?
 
Jennifer Vogelsang
Versammlungsfreiheit 2.0
Vom Schutz der Zusammenkünfte im virtuellen Raum



MEIN HALBES JAHR

 
Johannes von Weizsäcker
Mein halbes Jahr: >Musik<
Jackie Lynn – The Fall
 
Elias Kreuzmair
Mein halbes Jahr: >Literatur<
Selbst – Die Toten – Die Literatur und das Recht auf den Tod
 
Peter Siller
Mein halbes Jahr: >Comic<
Deadly Class – Die Favoritin – Drei Steine – Ein diabolischer Sommer u.a.
 
Matthias Dell
Mein halbes Jahr: >Film<
Tatort: Freitod, Land in dieser Zeit – Vier gegen die Bank – Arrival



BARRIERE

 
Ludger Schwarte
Irgendjemand entscheidet
FĂĽr eine neue Theorie demokratischer Ă–ffentlichkeit
 
Maximilian Burk
Schreiben zum Tode
Authentizität und Text in Herrndorfs ''Arbeit und Struktur''
 
Verena Hepperle
Das wiederum.
Zum Selbstverständnis politisch engagierter Gegenwartsliterat/innen
 
Fiona GeuĂź
End Your Silence
Öffentlichkeitsverständnisse in der Kunst nach 1968
 
Ina Kerner
Leben im Kapitalismus: >offline/online<
 
Martin Saar
Leben im Kapitalismus: >Ă–ffentliches Sprechen<



SCHÖNHEITEN

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