Das Online-Magazin zur Zeitschrift | HALBJAHRESMAGAZIN polar






polar #22: Zukunft der Öffentlichkeit




EDITORIAL

 
Liebe Leserin, lieber Leser


BEGEGNUNG

 
Sabine Meier
Third Places
Öffentliche Räume als Begegnungsorte mit dem Unbekannten
 
Ole Meinefeld
Geteilte Erfahrung
Für eine Politik des öffentlichen Raums
 
Heinz Bude
Begegnung und BerĂĽhrung
Was für eine Gesellschaft wäre eine »inklusive Gesellschaft«?
 
 

Carlos Becker

Kommunikative Autonomie

Zum demokratischen Wert der Privatheit


Warum sollten Demokratien ein Interesse an der Privatheit ihrer Mitglieder haben? Privatheit gilt seit jeher und auch aus guten Gründen als vorpolitisch. Nach dem politischen Wert der Privatheit zu fragen, erscheint daher zunächst wiedersinnig oder bloß negativ bestimmbar - in Abgrenzung zur Politik. Es war dieser vermeintlich vorpolitische Status der Privatheit, der eine umfassende Kritik hervorgerufen hat. Kommunitaristen haben die zersetzenden Folgen der Privatheit für die soziale Gemeinschaft hervorgehoben. Die feministische Kritik hat auf die machtpolitischen Funktionen der Privatheit hingewiesen. Eine marxistische Linie hat das Private als Deckmantel sozialer Herrschaftsverhältnisse aufgedeckt. Dennoch wurde Privatheit seit Anbeginn stets auch als Ort der freien Selbstentfaltung und Autonomie beschrieben, der berechtigterweise vor Eingriffen der Gesellschaft und politischer Institutionen geschützt werden sollte.

Wer soll eigentlich entscheiden, was als privat gelten darf?
Sollte Privatheit als politische Kategorie verstanden werden, auf deren Gestalt und Geltung sich eine idealerweise demokratische Gemeinschaft einigen sollte? Oder ist Privatheit ein vorpolitischer, gar moralischer Grundwert, der als das Andere der Politik der politischen Indienstnahme und Regierung entzogen bleiben sollte?

Im Kontext der Digitalisierung gesellschaftlicher Alltagskommunikation erlangen diese Fragen neue Relevanz, denn jene verändert nicht nur die Bedingungen privater Kommunikation auf grundlegende Weise, sondern führt zu einer umfassenden gesellschaftspolitischen Neuverhandlung von Privatheitsnormen. Zwar lässt sich dem post-privacy-Diskurs entgegenhalten, dass selbst offenherzige Nutzer sozialer Medien und instantmessenger immer noch ein recht genaues Verständnis ihrer Privatheit haben, doch kann man kaum von der Hand weisen, dass sich die Einstellungen im Umgang mit Privatheit gesellschaftsübergreifend gelockert haben. Wie aber umgehen mit einer gesellschaftlichen Neudeutung der Privatheit, die den Kern dessen bedrohen könnte, was Privatheit tatsächlich ausmacht? Sollten stimmungsgeleitete politische Mehrheiten einfach selbst entscheiden, wie sie Privatheit definieren und in der digitalen Welt leben? Oder bedarf es eines rechtlichen Schutzes der Privatheit, der notfalls paternalistisch durchgesetzt wird? Wer legt fest, wie mit Privatheit umgegangen wird?

Die individuelle oder demokratische Eigenverantwortung für den Schutz der Privatheit steht dem »Systemdatenschutz« und der rechtlich-institutionellen Verteidigung der Privatheit gegenüber, die dem politischen Diskurs in Teilen enthoben sind - gerade wenn die gesellschaftlichen Impulse zum Schutz der Privatheit ausbleiben oder in Zeiten der Terrorabwehr mit Verweis auf sicherheitspolitische Entscheidungen sogar aktiv gegen den weitergehenden Schutz der Privatheit plädiert wird.

Dem entsprechen letztlich auch zwei Verständnisse der Privatheit, die sich grob zwei unterschiedlichen Strängen der politischen Theorie zuordnen lassen: während in einem liberaldemokratischen Kontext, der die Vorrangstellung bestimmter subjektiver Rechte gegenüber den Praktiken demokratischer Selbstbestimmung verteidigt, auch die Privatheit den vorpolitischen Status einer unverbrüchlichen, letztlich moralisch begründeten Kategorie gewinnt, wird in einem radikaldemokratischen Kontext gerade dieser vorpolitische Status subjektiver, moralischer Rechte angezweifelt. Privatheit wäre aus dieser Perspektive eine politische Kategorie, weil sie stets in Abhängigkeit von gesellschaftlichen Diskursen und demokratischen Entscheidungen gedacht wird. [...]


 
Darin Barney
Partizipatorische Verhältnisse
Verkehrung eines demokratischen Versprechens?
 
Thomas KrĂĽger
Wen erreicht politische Bildung?
Von Interessierten, SchĂĽler/innen, Bildungsbenachteiligten und Demokratieverdrossenen
 
Christoph Raiser
Andere Geschichten
Zur Erneuerung einer europäischen Öffentlichkeit
 
Moritz Hien
Bierdosen fĂĽr die Freiheit
Öffentliches Forum und private Märkte
 
Susann Neuenfeldt / Simon Strick
>DEMOCRACY<
Leonard Cohen – David Bowie – Prince – Phife Dawg



BLASE

 
Volker Gerhardt
Zu nah am Feuer
Das unvergleichlich Neue der digitalen Technik und ihre gerade darin unterschätzte Gefahr. Eine Überlegung in 8 Punkten.
 
Jan-Hinrik Schmidt
Filterblasen und Echokammern
Das GefĂĽge digitaler Kommunikation
 
Boris Fust
Personalisierte Ausspielungen
Alter Wein in neuen digitalen Schläuchen?
 
Joachim von Gottberg
Ă–ffentliche Selbstbindungen
Das Prinzip der medialen Selbstkontrolle
 
Theresa Züger
Die Wahrheit und ihre neuen Kleider
Whistleblowing als Ausdruck gesellschaftlicher Wahrheitssuche
 
Arnd Pollmann
Ist es links? >Postfaktizität<
Authentischer Bullshit
 
Thomas Hoffmann
Ist es links? >Postfaktizität<
We’re all living in America
 
Christian Neuhäuser
Ist es links? >Postfaktizität<
Gefährliche Post-Phänomene
 
Sarah Tietz
Ist es links? >Postfaktizität<
Alles sinnlos
 
Christian Neuner-Duttenhofer
Haters gonna hate
Was tun gegen den Hass im Netz?
 
Jennifer Vogelsang
Versammlungsfreiheit 2.0
Vom Schutz der Zusammenkünfte im virtuellen Raum



MEIN HALBES JAHR

 
Johannes von Weizsäcker
Mein halbes Jahr: >Musik<
Jackie Lynn – The Fall
 
Elias Kreuzmair
Mein halbes Jahr: >Literatur<
Selbst – Die Toten – Die Literatur und das Recht auf den Tod
 
Peter Siller
Mein halbes Jahr: >Comic<
Deadly Class – Die Favoritin – Drei Steine – Ein diabolischer Sommer u.a.
 
Matthias Dell
Mein halbes Jahr: >Film<
Tatort: Freitod, Land in dieser Zeit – Vier gegen die Bank – Arrival



BARRIERE

 
Ludger Schwarte
Irgendjemand entscheidet
FĂĽr eine neue Theorie demokratischer Ă–ffentlichkeit
 
Maximilian Burk
Schreiben zum Tode
Authentizität und Text in Herrndorfs ''Arbeit und Struktur''
 
Verena Hepperle
Das wiederum.
Zum Selbstverständnis politisch engagierter Gegenwartsliterat/innen
 
Fiona GeuĂź
End Your Silence
Öffentlichkeitsverständnisse in der Kunst nach 1968
 
Ina Kerner
Leben im Kapitalismus: >offline/online<
 
Martin Saar
Leben im Kapitalismus: >Ă–ffentliches Sprechen<



SCHÖNHEITEN

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