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polar #22: Zukunft der Öffentlichkeit




EDITORIAL

 
Liebe Leserin, lieber Leser


BEGEGNUNG

 

Sabine Meier

Third Places

Öffentliche Räume als Begegnungsorte mit dem Unbekannten


Nicht erst seitdem jüngsten Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt am Breidscheidplatz, ist der Ruf nach mehr Kontrolle über den öffentlichen Raum zu hören. Schon lange unterliegt er einem strukturellen Wandel. Stadtsoziologische Studien über europäische und US-amerikanische Städte haben gezeigt, dass öffentlicher Raum tendenziell kollektiviert und privatisiert wird. Nicht zuletzt, um dort Sicherheit zu garantieren und soziales Verhalten zumindest teilweise zu steuern. Hintergrund ist eine Neuordnung der funktionalen, juristischen und sozialen Dimensionen des öffentlichen Stadtraumes. Die augenfälligste Veränderung ist die Reduktion des öffentlichen Raumes auf den Zweck der Konsumtion. So werden zum Beispiel Teile von öffentlichen Plätzen als Caféterrassen benutzt. Eine extreme Form funktionaler Reduktion ist die Shopping Mall. Nicht nur weil dieser Raum komplett dem Kaufen und Verkaufen dient, sondern auch weil diese Interaktion möglichst ungestört verlaufen soll.

Räume zweckfreier Kommunikation
Die niederländischen Sozialwissenschaftler Hajer und Reijndorp interpretieren dies als ein Beispiel der gesamtgesellschaftlichen Tendenz zur Produktion von zero-friction Räumen, die sich auch in anderen Stadträumen zeigt. Bahnhofshallen oder musealisierte Innenstädte werden so erneuert und verwaltet, dass Bewegung und Aufenthalt reibungsfrei verläuft und konsumtives Verhalten stimuliert wird. Eine Verlagerung von Märkten aus ehemals öffentlichen Räumen, bedeutet zugleich eine Verschiebung vom öffentlichen Rechtsraum hin zum privaten. Soziale Exklusivität kann so leichter legitimiert werden.

Doch ungeachtet der Zunahme von zero-friction Räumen, besteht nach wie vor ein Bedürfnis nach sozial inklusivem öffentlichen Raum in der Stadt, in dem man sich unbeobachtet und ungehindert aufhalten kann. Ich argumentiere in diesem Beitrag, dass trotz einer sich breitmachenden Verunsicherung (vgl. polar#21), öffentliche städtische Räume weiterhin eine anziehende Wirkung haben können, wenn dort ›zweckfreie Kommunikation‹ möglich ist. Dies ist auch in sogenannten Third Places der Fall, ein Sonderfall des öffentlichen Raumes. Neben ihrer Bedeutung für eine positive Weiterentwicklung europäischer Städte, sind Third Places gesamtgesellschaftlich relevant. Denn durch eine Vielzahl von Orten, an denen eine entspannte soziale Annäherung und Interaktion möglich ist, kann - jenseits einer abstrakten Vorstellung von Solidarität - ein empathischer Umgang mit für uns fremden Menschen immer wieder neuerlernt werden. Aber wie müssen Third Places aussehen, um sozial inklusiv zu sein? [...]


 
Ole Meinefeld
Geteilte Erfahrung
Für eine Politik des öffentlichen Raums
 
Heinz Bude
Begegnung und BerĂĽhrung
Was für eine Gesellschaft wäre eine »inklusive Gesellschaft«?
 
Carlos Becker
Kommunikative Autonomie
Zum demokratischen Wert der Privatheit
 
Darin Barney
Partizipatorische Verhältnisse
Verkehrung eines demokratischen Versprechens?
 
Thomas KrĂĽger
Wen erreicht politische Bildung?
Von Interessierten, SchĂĽler/innen, Bildungsbenachteiligten und Demokratieverdrossenen
 
Christoph Raiser
Andere Geschichten
Zur Erneuerung einer europäischen Öffentlichkeit
 
Moritz Hien
Bierdosen fĂĽr die Freiheit
Öffentliches Forum und private Märkte
 
Susann Neuenfeldt / Simon Strick
>DEMOCRACY<
Leonard Cohen – David Bowie – Prince – Phife Dawg



BLASE

 
Volker Gerhardt
Zu nah am Feuer
Das unvergleichlich Neue der digitalen Technik und ihre gerade darin unterschätzte Gefahr. Eine Überlegung in 8 Punkten.
 
Jan-Hinrik Schmidt
Filterblasen und Echokammern
Das GefĂĽge digitaler Kommunikation
 
Boris Fust
Personalisierte Ausspielungen
Alter Wein in neuen digitalen Schläuchen?
 
Joachim von Gottberg
Ă–ffentliche Selbstbindungen
Das Prinzip der medialen Selbstkontrolle
 
Theresa Züger
Die Wahrheit und ihre neuen Kleider
Whistleblowing als Ausdruck gesellschaftlicher Wahrheitssuche
 
Arnd Pollmann
Ist es links? >Postfaktizität<
Authentischer Bullshit
 
Thomas Hoffmann
Ist es links? >Postfaktizität<
We’re all living in America
 
Christian Neuhäuser
Ist es links? >Postfaktizität<
Gefährliche Post-Phänomene
 
Sarah Tietz
Ist es links? >Postfaktizität<
Alles sinnlos
 
Christian Neuner-Duttenhofer
Haters gonna hate
Was tun gegen den Hass im Netz?
 
Jennifer Vogelsang
Versammlungsfreiheit 2.0
Vom Schutz der Zusammenkünfte im virtuellen Raum



MEIN HALBES JAHR

 
Johannes von Weizsäcker
Mein halbes Jahr: >Musik<
Jackie Lynn – The Fall
 
Elias Kreuzmair
Mein halbes Jahr: >Literatur<
Selbst – Die Toten – Die Literatur und das Recht auf den Tod
 
Peter Siller
Mein halbes Jahr: >Comic<
Deadly Class – Die Favoritin – Drei Steine – Ein diabolischer Sommer u.a.
 
Matthias Dell
Mein halbes Jahr: >Film<
Tatort: Freitod, Land in dieser Zeit – Vier gegen die Bank – Arrival



BARRIERE

 
Ludger Schwarte
Irgendjemand entscheidet
FĂĽr eine neue Theorie demokratischer Ă–ffentlichkeit
 
Maximilian Burk
Schreiben zum Tode
Authentizität und Text in Herrndorfs ''Arbeit und Struktur''
 
Verena Hepperle
Das wiederum.
Zum Selbstverständnis politisch engagierter Gegenwartsliterat/innen
 
Fiona GeuĂź
End Your Silence
Öffentlichkeitsverständnisse in der Kunst nach 1968
 
Ina Kerner
Leben im Kapitalismus: >offline/online<
 
Martin Saar
Leben im Kapitalismus: >Ă–ffentliches Sprechen<



SCHÖNHEITEN

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