polar #11: Sicherheit
EDITORIAL
SORGE
STRESS
SPIRALE
Alice Lagaay Nichts als das Geheimnis ist sicher! Die TagebĂĽcher von Wikileaks
| Interview Ilija Trojanow »Eine Spirale der Aufrüstung«
| Dietmar Kammerer Menschen vor Bildschirmen Was bekommen wir zu sehen, wenn wir das Bild des toten Terroristen nicht sehen dĂĽrfen?
| Konstantin von Notz/Nils Leopold Datenschutz muss sich ändern Eine Aufforderung an den Gesetzgeber
| Maja Bächler Körper der Lügen Wie Hollywood den permanenten Ausnahmezustand inszeniert
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Martin SaarBildpolitik: >Schutzschild< | In der Bildwelt der Computersoftware hat sich in relativ kurzer Zeit ein Symbol als universelles Zeichen für Sicherheit etabliert, ein stilisierter Schutzschild. Seine charakteristische Form und seine Kreuzstruktur auf der Oberfläche verdankt es der Welt der Ritter und römischen Soldaten; spätestens seit es im bildlichen Repertoire von Windows und diverser Virenschutzprogramme aufgetaucht ist, übernimmt es in unzähligen Varianten die Funktion, auf Sicherheitsprobleme und die Schutzbedürftigkeit von Daten, Rechnern und Nutzern hinzuweisen.
Das Schild steht für die Grenze, die einem bedrohlichen und eindringenden Außen gesetzt werden muss, eine Abwehrwaffe, aber auch für einen Status der permanenten Bedrohung. Ein dem Schild manchmal befügtes (meistens rotes) Ausrufezeichen verstärkt die Warnung, ein (meistens grüner) Haken signalisiert die Funktionsfähigkeit der Sicherungsoperationen. Die perspektivische Krümmung des Symbols unterstreicht noch die Suggestion der Räumlichkeit, mit dem das Zeichen arbeitet: Sicherheit spielt sich hier sichtbar in einem Innenraum ab, der hinter einem Schild liegt. Aber sie ist eine Leistung. Der Schild muss gehalten, Sicherheit gewährleistet werden.
Es gehört zu den Ironien unserer digitalen Gegenwart, dass sich auf vielen Computern ein Programm namens »My Security Shield« eingenistet hat, das permanent völlig fiktive Bedrohungen anzeigt, gegen die nur – natürlich kostenpflichtige – Zusatzdienste Abhilfe versprechen. Aber vielleicht ist dieser ökonomisch motivierte Missbrauch des Sicherheitsbedürfnisses ganz folgerichtig, wenn seine Befriedigung als etwas erscheint, was eingekauft und einer Technik überlassen werden kann, die ein vermeintlich integres Drinnen vor einem gefährlichen Draußen abschottet. Die Abwehrwaffe selbst kann zur Bedrohung werden. Die Herstellung von Sicherheit kann wie ein zu schwerer Schild das erdrücken, was sie schützen soll.
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