polar #11: Sicherheit
EDITORIAL
SORGE
Herfried MĂĽnkler Sicherheit und Freiheit Eine falsche GegenĂĽberstellung
| Thomas Biebricher/Frieder Vogelmann Die Ich-GmbH Alternativen zum stahlharten Gehäuse der Verantwortung
| John T. Hamilton Kinder der Sorge Ein Mythos ĂĽber die Sicherheit
| Achim Vesper Zuviel des Guten Sicherheit als Aufgabe des Staates nach Hobbes
| Dirk Setton It’s out there… Pathologie der Sicherheit und Poetik der Überempfindlichkeit in Todd Haynes’ Safe
| Berthold Vogel Soziale Sicherheit Ein unstillbares BedĂĽrfnis
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Peter Siller/Judith Karcher/Stefan Huster/Arnd Pollmann Ist es links?: >Grundeinkommen< | Das Bekenntnis zum »bedingungslosen Grundeinkommen« trägt oftmals nahezu religiöse Züge. Anthroposophen und Wirtschaftliberale kämpfen Seit an Seit mit digitaler Bohème und postmaterialistischen Linken für die einzig mögliche Lösung aller sozialen Probleme, so einfach, dass sie auf einen Bierdeckel passt. Doch auch wenn man sich unter dem Druck pragmatischer Gegenargumente immer mehr selbst auf pragmatische Argumente verlegt hat, so wirkt doch weiterhin eine grundlegende weltanschauliche Annahme als Triebfeder: Dem Menschen stehe das Einkommen qua Menschsein und deshalb ohne weitere Bedingungen zu. Doch was so einfach daher kommt, ist aus Gerechtigkeitsperspektive höchst fragwürdig: Es sind die sozial Schwachen und Benachteiligten, die einen Anspruch auf Solidarität haben, und nicht »alle« – also auch die Starken und Bevorteilten. Anstatt das Geld entsprechend mit der Gießkanne zu verteilen (und über eine Anhebung des Mehrwertsteuersatzes überproportional bei den sozial Schwachen wieder reinzuholen), ist eine Verteilungsstrategie gefragt, die gezielt und ohne Gängelung dort unterstützt, wo Unterstützung gebraucht wird – durch einen angemessenen Individualtransfer, aber auch und gerade durch den Zugang zu guten öffentlichen Institutionen. Jedem das Gleiche in die Hand zu drücken und die Menschen ab dort alleine zu lassen ist nicht nur bedingungslos sondern gnadenlos – und gut vereinbar mit einem Wirtschaftsliberalismus, der sich jeder weiteren Solidarität verweigert. Peter Siller
Zwar müssen wir schon heute, dank der sozialen Absicherung in Deutschland, nicht arbeiten gehen, um zu überleben. Aber wir müssen Geld verdienen, um ein teilhabendes Leben finanzieren zu können. Die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ist im Kapitalismus stark mit der Erwerbsarbeit verbunden. Hier ereignet sich gesellschaftliche Selbstverortung, Anerkennung und Integration. Und hier werden über das Einkommen die finanziellen Mittel zur Teilnahme an Konsum und öffentlichem Leben erworben. Wie würde sich unser Leben verändern, wenn diese Mittel jenseits von Erwerbsarbeit durch eine Umverteilung bestehenden Reichtums gesichert wären? Woran machte sich Anerkennung dann fest? Das eigene Leben frei von ökonomischem Zwang gestalten und rechtfertigen zu müssen, wäre eine Erleichterung und Herausforderung zugleich. Wie die Menschen mit dieser neuen Freiheit, die zugleich eine neue Verantwortung bedeutet, umgehen würden, ist eine offene Wette. Judith Karcher
Ein Grundsicherung gibt es in Deutschland schon lange: Hartz IV. Häufig ist sie sogar höher als die vor ihrer Einführung gezahlten Leistungen. Bemäkelt wird eher, was das Grundeinkommen vermeiden will: den »Zwang« zu Arbeit oder anderen Gegenleistungen. Und sollte es nicht tatsächlich links sein, dass jeder sich angstfrei entfalten kann, wie er möchte, anstatt sich mit seinem »Fallmanager« bei der Arbeitsagentur herumzuschlagen? Nun braucht man keine Sorge zu haben, dass Deutschland sich mit der Einführung eines Grundeinkommens in eine kollektive Hängematte verwandeln wird; mit einem – wenn überhaupt – finanzierbaren Grundeinkommen werden sich die Wenigsten zufrieden geben. Heikler ist es, dass neben dem »Fordern« auch das »Fördern« keinen rechten Platz mehr findet: Wer nichts tut, wird in Ruhe gelassen und bekommt sein Grundeinkommen überwiesen. Es ist ja seine Entscheidung und sein Problem, dass er seine Talente verkümmern lässt – was geht das das Gemeinwesen an? So beruht das Grundeinkommen auf einer naiven liberalen Auffassung von Gesellschaft: Jeder ist seines (Un-)Glücks Schmied. Dass es Menschen gibt, die zielgerichtete Hilfe und Unterstützung brauchen, um etwas aus sich (und ihren Kindern!) zu machen, kommt hier nicht vor. Vielleicht doch nicht so links? Stefan Huster
Das staatlich garantierte Grundeinkommen soll für mehr Gerechtigkeit sorgen. Das Problem ist dann auch nicht das Grundeinkommen als solches, sondern das mit ihm zumeist verknüpfte »bedingungslos«. Es ist weit und breit kein plausibler Grund zu sehen, warum man darauf einen kategorischen Gerechtigkeitsanspruch haben sollte. Für Forderungen der Gerechtigkeit ist kennzeichnend, dass sie für einen Ausgleich zwischen – mitunter sehr disparaten und schwer vergleichbaren – Beiträgen zum Gemeinschaftsleben sorgen sollen. Darf hier selbst noch der maßlos unproduktive Devisenspekulant nach eigenem Bankrott auf »Gerechtigkeit« pochen? Die Linke sollte sich das ihr ureigene Ansinnen, dass soziale Kooperationsbereitschaft sich wieder lohnen müsse, nicht stehlen lassen. Um nicht missverstanden zu werden: Eine Gemeinschaft kann sich aus anderen Gründen dafür entscheiden, sich den solidarischen Aufwand eines Grundeinkommens leisten zu wollen. Aber eine unbedingte Forderung der Gerechtigkeit ist das nicht. Arnd Pollmann
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| Ulrich Bröckling Aktivistischer Negativismus Sicherheit und Gesundheit im Zeichen des Precautionary Principle
| Interview Christiane Rösinger »Love is dead«
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STRESS
SPIRALE
SCHÖNHEITEN
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