Das Online-Magazin zur Zeitschrift | HALBJAHRESMAGAZIN polar






polar #11: Sicherheit




EDITORIAL

 
Peter Siller, Bertram Keller
Editorial



SORGE

 
Herfried MĂĽnkler
Sicherheit und Freiheit
Eine falsche GegenĂĽberstellung
 
Thomas Biebricher/Frieder Vogelmann
Die Ich-GmbH
Alternativen zum stahlharten Gehäuse der Verantwortung
 
John T. Hamilton
Kinder der Sorge
Ein Mythos ĂĽber die Sicherheit
 
Achim Vesper
Zuviel des Guten
Sicherheit als Aufgabe des Staates nach Hobbes
 
Dirk Setton
It’s out there…
Pathologie der Sicherheit und Poetik der Überempfindlichkeit in Todd Haynes’ Safe
 
Berthold Vogel
Soziale Sicherheit
Ein unstillbares BedĂĽrfnis
 
Peter Siller/Judith Karcher/Stefan Huster/Arnd Pollmann
Ist es links?: >Grundeinkommen<
 
Ulrich Bröckling
Aktivistischer Negativismus
Sicherheit und Gesundheit im Zeichen des Precautionary Principle
 
Interview Christiane Rösinger
»Love is dead«



STRESS

 
Christian Neuhäuser
Der Turm
Taiwan, der 101 Tower und China – ein nicht ganz risikofreies Beziehungsgeflecht
 
Charlotte Misselwitz
Israelische Sicherheiten
Wann werden Sicherheitssysteme autoaggressiv?
 
Thomas Biebricher
Revolte und Einmischung
Ein Erfahrungsbericht aus Bengasi
 
Ina Kerner
Leben im Kapitalismus: >Permanenter Stress<
 
Christopher Daase
Sicherheit schlägt Frieden
Zum normativen Wandel in der Weltpolitik
 
Kendra Briken
Nachbar, Nonprofit, Niedriglohn
Neue politische Ă–konomien der inneren Sicherheit
 
Mark Neocleous
Der Sicherheitsfetisch
Zur Produktion von Sicherheitswaren
 
Alexandra Rau
Ă„ngstlich bin ich sowieso
Furcht und Beistand in der postfordistischen Arbeitswelt
 
Marcus Balzereit
Kein Grund zur Panik?
Wie mit dem Wissen ĂĽber die Angst regiert wird
 
Interview Tim Kaiser/Ole Barnick
»Unter dem Sattelschlepper nützt der Helm wenig«
 
Susann Neuenfeldt/Simon Strick
Hallo Karthago/Hallo Rom: >Befestigtes Lager<
 
 

Alban Lefranc

Mein halbes Jahr: >Literatur<

Pierre Bergounioux – William Faulkner – Stendhal


Die Schriftsteller, Intellektuellen und Künstler lieben das Risiko, sie lieben es vor allem, davon lauthals zu sprechen. Unmöglich sie darin zu unterbrechen, sie sind unermüdlich, das Risiko erregt sie. Mit Rimbaud, jedoch ohne dass man es ihnen auf Grund ihres noch jungen Alters nachsehen könnte, sind sie bereit zu verkünden: »Ich habe mich an der Luft des Verbrechens getrocknet.«

Man erinnert sich sogleich an einen, der, in wolldicken Kniestrümpfen, von seiner liebevollen Frau gestrickt, im Halbdunkel der Hütte in Todtnauberg mit bebender Stimme Hölderlin zitierte: »Wo aber die Gefahr ist, wächst das Rettende auch« – bekanntermaßen nahm es mit ihm eine unglückliche Wendung, der in einem letzten Spiegel-Interview nur noch auf einen Gott hoffen konnte.

Das ganze Problem besteht gerade in der Weise, in der diese bewundernswerten Verse, die im Allgemeinen dem berühmten Heraklitfragment über den Konflikt als Vater aller Dinge nach- oder vorangestellt werden, durch zu häufiges Zitieren verdorben sind. Das Geprahle vom Risiko und dem gefahrvollen Leben mutet aus dem zurückgezogenen Umfeld der Bibliotheken immer auch etwas merkwürdig an.

Ein wenig bescheidener erinnert uns Hegel daran, dass die Eule der Minerva erst in der einbrechenden Dämmerung ihren Flug beginnt. Das Denken, die Literatur schwingt sich nur in einem après coup auf und erlangt nur Bedeutung, wenn sie sich dieser Verzögerung, dieses Abstands bewusst ist. In seinem bewundernswerten Essay Jusqu’à Faulkner zeigt Bergounioux, dass um die Jahrhundertwende die großen Revolutionäre der Literatur, Joyce, Proust, Kafka, allesamt Staatsbürger dreier Großmächte, im Augenblick vor dem europäischen Suizid 1914, völlig erschöpft waren, ungeheuer empfindsam, gebildet … und krank. Sie »vollbringen in reinster Weise eine formale – Joyce, Proust – oder formal unvollendete – Kafka – Erschöpfung des erzählerischen Prinzips«. Ihr Zimmer verlassen sie nur selten.

Und dann kommt Faulkner, der aus nächster Nähe mit der prosaischen Realität seines verlassenen Kaffs (Oxford, Mississippi) aneinander gerät und alles beginnt erneut. Der Amerikaner setzt dort ein, wo Stendhal geendet hatte, nämlich in einer Szene, die in Frankreich so berühmt ist, dass sie sprichwörtlich geworden ist: Fabrice in Waterloo. Was sieht der Held der Kartause in Parma an jenem historischen Tag, an dem der Kaiser stürzt? Nichts, oder fast nichts. Das Getöse, den Rauch, die Kavallerie am Horizont. Was Stendhal uns zum ersten Mal zeigt, das ist unsere Unkenntnis der Ereignisse im Augenblick ihres Statthabens, die Undurchsichtigkeit der Welt, ihre Verwirrung, solang sie nicht wieder aufgenommen und, im Nachhinein, neu interpretiert wird. Was wir buchstäblich mit dem Namen Waterloo verbinden existiert nicht für die zigtausend armen Teufel, die sich dort mit ihren Gewehren durchlöcherten. [...]


 
Christoph Raiser
Mein halbes Jahr: >Musik<
BFBS – Nero – James Blake – Battles – Jan Delay
 
Matthias Dell
Mein halbes Jahr: >Film<
Schlafkrankheit – Ohne Limit – Der Plan



SPIRALE

 
Alice Lagaay
Nichts als das Geheimnis ist sicher!
Die TagebĂĽcher von Wikileaks
 
Interview Ilija Trojanow
»Eine Spirale der Aufrüstung«
 
Dietmar Kammerer
Menschen vor Bildschirmen
Was bekommen wir zu sehen, wenn wir das Bild des toten Terroristen nicht sehen dĂĽrfen?
 
Konstantin von Notz/Nils Leopold
Datenschutz muss sich ändern
Eine Aufforderung an den Gesetzgeber
 
Maja Bächler
Körper der Lügen
Wie Hollywood den permanenten Ausnahmezustand inszeniert
 
Martin Saar
Bildpolitik: >Schutzschild<



SCHÖNHEITEN

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