Das Online-Magazin zur Zeitschrift | HALBJAHRESMAGAZIN polar






polar #11: Sicherheit




EDITORIAL

 
Peter Siller, Bertram Keller
Editorial



SORGE

 
Herfried MĂĽnkler
Sicherheit und Freiheit
Eine falsche GegenĂĽberstellung
 
Thomas Biebricher/Frieder Vogelmann
Die Ich-GmbH
Alternativen zum stahlharten Gehäuse der Verantwortung
 
John T. Hamilton
Kinder der Sorge
Ein Mythos ĂĽber die Sicherheit
 
Achim Vesper
Zuviel des Guten
Sicherheit als Aufgabe des Staates nach Hobbes
 
Dirk Setton
It’s out there…
Pathologie der Sicherheit und Poetik der Überempfindlichkeit in Todd Haynes’ Safe
 
Berthold Vogel
Soziale Sicherheit
Ein unstillbares BedĂĽrfnis
 
Peter Siller/Judith Karcher/Stefan Huster/Arnd Pollmann
Ist es links?: >Grundeinkommen<
 
Ulrich Bröckling
Aktivistischer Negativismus
Sicherheit und Gesundheit im Zeichen des Precautionary Principle
 
Interview Christiane Rösinger
»Love is dead«



STRESS

 
Christian Neuhäuser
Der Turm
Taiwan, der 101 Tower und China – ein nicht ganz risikofreies Beziehungsgeflecht
 
Charlotte Misselwitz
Israelische Sicherheiten
Wann werden Sicherheitssysteme autoaggressiv?
 
 

Thomas Biebricher

Revolte und Einmischung

Ein Erfahrungsbericht aus Bengasi


Bis zu Augustinus, dem spätantiken Kirchenvater und Bischof von Hippo, das nebenbei bemerkt im heutigen Algerien liegt, reicht die Vorstellung zurück, dass es die Aufgabe weltlicher Herrschaft sei, den Frieden zu sichern und die Bevölkerung zu schützen. Seit dem Westfälischen Frieden von 1648 oblag dann vor allem den entstehenden Nationalstaaten diese Aufgabe, als deren Kehrseite sich die Vorstellung von staatlicher Souveränität als Norm gegenseitiger Nichteinmischung in innere Angelegenheiten etablierte. Auf die naheliegende Frage, was zu tun sei, falls der Staat die Sicherheit der Bevölkerung nicht mehr garantieren könne oder gar selbst zur Gefahr für diese werde, gab schon John Locke nur einige Jahrzehnte später in seiner Zweiten Abhandlung über die Regierung die nicht sonderlich britisch-reservierte Antwort: Revolution!

So haben es auch Libyer wie der junge Mann gesehen, mit dem wir von der ägyptischen Grenze auf der Küstenstraße in Richtung Bengasi fahren: Zwei Jahre hat er wegen Gaddafi im Gefängnis verbracht und unterstützt nun den Aufstand gegen ein Regime, das sich schon vor langer Zeit als ein massiver Faktor der Unsicherheit für Teile der eigenen Bevölkerung entpuppt hat. So weit, so gut, könnte man meinen, die Libyer kennen ihren John Locke. Doch entgegen der Einschätzung des Engländers, der auch notierte, dass kaum mit einer Revolutionswelle zu rechnen sei, da vernünftige Menschen sich doch keinesfalls erheben würden, wenn nicht auch realistische Aussichten auf Erfolg bestünden, haben die Libyer – genau wie die Kurden 1991 im Irak und so viele andere staatlichen Repressalien ausgesetzte Gruppen – genau dies getan. Zwar ist dies keine »Revolte mit nackten Händen«, wie Michel Foucault seinerzeit die Iranische Revolution bezeichnete, aber es ist doch auch kaum mehr als eine Revolte mit rostigen Maschinengewehren, die auf Pick-Up Trucks geschnallt sind, und folgerichtig steht das weit überlegene Militär Gaddafis Anfang März nur zwei Wochen nach Beginn des Aufstands schon in den Vorstädten der Rebellenhochburg Bengasi. Und damit ist man an der Crux staatlicher Souveränität als Norm der Nichteinmischung in innere Angelegenheiten angelangt, denn die Liste der angekündigten Massaker an der eigenen Bevölkerung von Ruanda bis Darfur ist lang und die Reaktion der Weltgemeinschaft in Form von UNO-Sicherheitsratsresolutionen immer wieder die gleiche: Aufforderung zur Mäßigung, Sanktionen, Embargos, aber keine Intervention – mit der Folge, dass das Angekündigte meistens auch stattfindet. Doch diesmal scheint alles anders zu sein. Nach intensiven diplomatischen Bemühungen im Vorfeld von Seiten Frankreichs und Großbritanniens verabschiedet Mitte März der Sicherheitsrat wider Erwarten ohne Veto – und ebenfalls wider Erwarten ohne deutsche Zustimmung – Resolution 1973, die ein Mandat zur Errichtung einer Flugverbotszone enthält und auch alle sonstigen Maßnahmen legitimiert, die zum Schutz der libyschen Zivilbevölkerung notwendig sind. Kurz darauf beginnt die französische Luftwaffe, das Militär Gaddafis vor Bengasi zu bombardieren und die Armee muss bis hinter Ras Lanuf viele hundert Kilometer entfernt zurückweichen. Zum Zeitpunkt unserer Ankunft garantiert die NATO schon seit zwei Wochen de facto die Sicherheit der Zivilbevölkerung zumindest in Bengasi und den östlichen Landesteilen und hat so den Präzedenzfall einer äußerst weitreichenden Interpretation des 2005 zur UN-Doktrin erhobenen Prinzips der ›Schutzverantwortung‹ geschaffen, die nun scheinbar im Zweifelsfall auch die militärische Intervention in souveränen Staaten legitimieren soll.  [...]



 
Ina Kerner
Leben im Kapitalismus: >Permanenter Stress<
 
Christopher Daase
Sicherheit schlägt Frieden
Zum normativen Wandel in der Weltpolitik
 
Kendra Briken
Nachbar, Nonprofit, Niedriglohn
Neue politische Ă–konomien der inneren Sicherheit
 
Mark Neocleous
Der Sicherheitsfetisch
Zur Produktion von Sicherheitswaren
 
Alexandra Rau
Ă„ngstlich bin ich sowieso
Furcht und Beistand in der postfordistischen Arbeitswelt
 
Marcus Balzereit
Kein Grund zur Panik?
Wie mit dem Wissen ĂĽber die Angst regiert wird
 
Interview Tim Kaiser/Ole Barnick
»Unter dem Sattelschlepper nützt der Helm wenig«
 
Susann Neuenfeldt/Simon Strick
Hallo Karthago/Hallo Rom: >Befestigtes Lager<
 
Alban Lefranc
Mein halbes Jahr: >Literatur<
Pierre Bergounioux – William Faulkner – Stendhal
 
Christoph Raiser
Mein halbes Jahr: >Musik<
BFBS – Nero – James Blake – Battles – Jan Delay
 
Matthias Dell
Mein halbes Jahr: >Film<
Schlafkrankheit – Ohne Limit – Der Plan



SPIRALE

 
Alice Lagaay
Nichts als das Geheimnis ist sicher!
Die TagebĂĽcher von Wikileaks
 
Interview Ilija Trojanow
»Eine Spirale der Aufrüstung«
 
Dietmar Kammerer
Menschen vor Bildschirmen
Was bekommen wir zu sehen, wenn wir das Bild des toten Terroristen nicht sehen dĂĽrfen?
 
Konstantin von Notz/Nils Leopold
Datenschutz muss sich ändern
Eine Aufforderung an den Gesetzgeber
 
Maja Bächler
Körper der Lügen
Wie Hollywood den permanenten Ausnahmezustand inszeniert
 
Martin Saar
Bildpolitik: >Schutzschild<



SCHÖNHEITEN

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