Wie jemand läuft, der unsicher ist, kann man an Alex Nzila sehen. Er ist aus Paris nach Kamerun geflogen, weil er dort im Auftrag einer Organisation ein Projekt evaluieren soll, für das der Arzt Ebbo Velten Gelder bekommt. Nzila ist aufgebrochen aus einer Welt, in der er sich zu Hause gefühlt hat, in eine Welt, von der er nicht weiß, wie sie funktioniert.
Als Nzila schließlich in dem Krankenhaus im Dschungel ankommt, verlässt ihn sein Führer ein paar Meter vor dem Krankenhaus und deutet in den dunklen Wald. Nzila zögert, sein Zögern ist die Angst vor dem Dunkel.
Der Arzt, den er sucht, ist nicht da, und als das Warten auf Velten dauert, läuft Nzila wutentschlossen die Treppe zu der Klinik hoch, um sich nicht länger hinhalten zu lassen, bis aus dem Haus Schreie einer Hochschwangeren ertönen und sein Schritt umgehend zaghaft wird; Nzila ist selbst Arzt, aber er hat noch nie im Kreißsaal gestanden, sein tastender Schritt ist ein Ausdruck seiner Verunsicherung, helfen zu müssen, wo er eigentlich nicht helfen kann.
Schlafkrankheit heißt der Film von Ulrich Köhler, und unter anderem ist er ein Film der Gänge. Köhler ist das Kunststück gelungen, einen Film zu drehen, der in seiner stillen Leichtigkeit ungemein verdichtet und zugleich sehr offen ist. Nichts in Schlafkrankheit ist exiplizit, die Figuren werden durch scheinbare Nebensächlichkeiten vorgestellt, und doch hat man das Gefühl, sie umgehend zu erkennen. Am Gang etwa, der die Differenz zwischen dem Fremden Nzila und dem Einheimischen Velten sichtbar macht (obwohl, auf einen konventionellen Blick, der schwarze Nzila einheimisch und der weiße Velten fremd sein müsste). Velten schwarwenzelt, kommt breitbeinig auf die Kamera zu, wo Nzila in sich rein marschiert, seine Schultertasche über dem rechten Arm ihn zusätzlich an »offener« Bewegung hindert. Schlafkrankheit handelt im weitesten Sinne von einer mehrfach gebrochenen Entfremdung, und die Genauigkeit, mit der Köhler davon erzählt, lässt sich an solchen Details wie dem Laufen ablesen, dem hier mancher Raum gegeben wird. [...]
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