Das Online-Magazin zur Zeitschrift | HALBJAHRESMAGAZIN polar






polar #11: Sicherheit




EDITORIAL

 
Peter Siller, Bertram Keller
Editorial



SORGE

 
Herfried MĂĽnkler
Sicherheit und Freiheit
Eine falsche GegenĂĽberstellung
 
Thomas Biebricher/Frieder Vogelmann
Die Ich-GmbH
Alternativen zum stahlharten Gehäuse der Verantwortung
 
John T. Hamilton
Kinder der Sorge
Ein Mythos ĂĽber die Sicherheit
 
Achim Vesper
Zuviel des Guten
Sicherheit als Aufgabe des Staates nach Hobbes
 
Dirk Setton
It’s out there…
Pathologie der Sicherheit und Poetik der Überempfindlichkeit in Todd Haynes’ Safe
 
Berthold Vogel
Soziale Sicherheit
Ein unstillbares BedĂĽrfnis
 
Peter Siller/Judith Karcher/Stefan Huster/Arnd Pollmann
Ist es links?: >Grundeinkommen<
 
 

Ulrich Bröckling

Aktivistischer Negativismus

Sicherheit und Gesundheit im Zeichen des Precautionary Principle


Die Losung, Vorbeugen ist besser als Heilen, besitzt eine fraglose Plausibilität. Künftige Übel durch geeignete Interventionen in der Gegenwart zu vermeiden, das erscheint so selbstverständlich, dass es keiner weiteren Begründung bedarf. Prävention ist die Folie, auf der Gegenwartsgesellschaften ihr Verhältnis zur Zukunft verhandeln und organisieren. Praevenire heißt zuvorkommen. Etwas wird getan, bevor ein bestimmtes unerwünschtes Ereignis oder ein bestimmter unerwünschter Zustand eintreten, damit diese nicht eintreten oder zumindest der Zeitpunkt ihres Eintretens hinausgeschoben wird oder die erwarteten negativen Effekte des Ereignisses oder Zustands begrenzt werden.

Als Handlungsprinzip der Vermeidung künftiger Übel ist Prävention abzusetzen von drei anderen Handlungsmodi: Zum einen von all jenen Aktivitäten, die nicht künftige Übel verhindern, sondern bereits bestehende kurieren sollen, etwa die Sanktionierung von Normbrüchen oder medizinische Behandlungen. Zum anderen ist Prävention abzuheben von Planung, also von jenen Strategien, die zwar ebenfalls systematisch die Zukunft zu beeinflussen suchen, aber nicht künftige Schäden verhindern, sondern einen Fortschritt zum Besseren herbeiführen sollen. Schließlich unterscheidet sich Prävention vom Handlungsmodus der Versicherung, der dafür sorgt, dass im Falle des Eintretens unerwünschter Ereignisse der Schaden kompensiert wird. Die Differenz zwischen Prävention, sanktionierender oder therapeutischer Behandlung, Planung oder Versicherung liegt nicht in dem, was im Namen der einen oder der anderen im Einzelnen getan, sondern in welchen Rahmen das Handeln jeweils gestellt wird. Es macht einen Unterschied, als was eine Maßnahme definiert wird. Sie erhält nicht nur andere Begründungen und Bedeutungen, die Zuordnung entscheidet auch über professionelle Zuständigkeiten, Kostenträger und mögliche Folgeinterventionen.

Alles tun, um das Schlimmste zu verhindern

Das präventive Verhältnis zur Zukunft ist gekennzeichnet durch einen aktivistischen Negativismus: Prävention will nichts schaffen, sie will verhindern. Die Zukunft, die sie antizipiert, um ihre Aktivitäten zu begründen, erscheint stets finsterer als die Gegenwart, der Verzicht auf Vorbeugung bedrohlicher als deren mögliche Effekte. Wenn es eine Geschichtsphilosophie präventiven Handelns gäbe, dann wäre sie das Gegenteil von Fortschrittsgewissheit. Ihre politische Theologie wäre die des Katechon, des Aufhalters, jener von Carl Schmitt in das politische Denken eingeführten Gestalt, welche die Herrschaft des Antichrists und damit das Chaos wenn nicht verhindert, so doch aufschiebt. Ihr politischer Heros wäre weder der Steuermann noch der Gute Hirte, weder der Baumeister noch der Gesetzgeber, sondern der Deichgraf. Eine Gesellschaft, die ihr Verhältnis zur Zukunft im Zeichen der Prävention begreift und organisiert, rechnet stets mit dem Schlimmsten und ihre Hoffnungen sind darauf zusammengeschnurrt, dass es am Ende vielleicht doch nicht ganz so schlimm kommt.  [...]



 
Interview Christiane Rösinger
»Love is dead«



STRESS

 
Christian Neuhäuser
Der Turm
Taiwan, der 101 Tower und China – ein nicht ganz risikofreies Beziehungsgeflecht
 
Charlotte Misselwitz
Israelische Sicherheiten
Wann werden Sicherheitssysteme autoaggressiv?
 
Thomas Biebricher
Revolte und Einmischung
Ein Erfahrungsbericht aus Bengasi
 
Ina Kerner
Leben im Kapitalismus: >Permanenter Stress<
 
Christopher Daase
Sicherheit schlägt Frieden
Zum normativen Wandel in der Weltpolitik
 
Kendra Briken
Nachbar, Nonprofit, Niedriglohn
Neue politische Ă–konomien der inneren Sicherheit
 
Mark Neocleous
Der Sicherheitsfetisch
Zur Produktion von Sicherheitswaren
 
Alexandra Rau
Ă„ngstlich bin ich sowieso
Furcht und Beistand in der postfordistischen Arbeitswelt
 
Marcus Balzereit
Kein Grund zur Panik?
Wie mit dem Wissen ĂĽber die Angst regiert wird
 
Interview Tim Kaiser/Ole Barnick
»Unter dem Sattelschlepper nützt der Helm wenig«
 
Susann Neuenfeldt/Simon Strick
Hallo Karthago/Hallo Rom: >Befestigtes Lager<
 
Alban Lefranc
Mein halbes Jahr: >Literatur<
Pierre Bergounioux – William Faulkner – Stendhal
 
Christoph Raiser
Mein halbes Jahr: >Musik<
BFBS – Nero – James Blake – Battles – Jan Delay
 
Matthias Dell
Mein halbes Jahr: >Film<
Schlafkrankheit – Ohne Limit – Der Plan



SPIRALE

 
Alice Lagaay
Nichts als das Geheimnis ist sicher!
Die TagebĂĽcher von Wikileaks
 
Interview Ilija Trojanow
»Eine Spirale der Aufrüstung«
 
Dietmar Kammerer
Menschen vor Bildschirmen
Was bekommen wir zu sehen, wenn wir das Bild des toten Terroristen nicht sehen dĂĽrfen?
 
Konstantin von Notz/Nils Leopold
Datenschutz muss sich ändern
Eine Aufforderung an den Gesetzgeber
 
Maja Bächler
Körper der Lügen
Wie Hollywood den permanenten Ausnahmezustand inszeniert
 
Martin Saar
Bildpolitik: >Schutzschild<



SCHÖNHEITEN

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