Der Franzose Francis Falceto ist ein Besessener, in den Bann geschlagen vom Feeling und Groove des äthiopischen Jazz. Seit Jahren verbringt er seine Zeit damit, in Addis Abeba nach den verlorenen Tracks der goldenen Ära des Addis-Swing zu suchen. Seine Begierde hat ihn unter anderem bis nach Griechenland und in den Libanon geführt, wo die Mastertapes der Originalaufnahmen aus den 60er und 70er Jahren lagerten. Falceto hat nun mit der Compilation »The very best of Éthiopiques« eine Bilanz seines Schaffens vorgelegt: Zwei CDs voll gepackt mit dem Besten, was ihm auf seiner Jagd durch die Finger und in die Ohren gekommen ist. Der äthiopische Jazz hatte seine Hochzeit von 1969 bis 1978. Musiker, die meist aus den Militärkapellen oder dem Palastorchester stammten, verdienten sich ein Zubrot in den Clubs und Bars von »Swinging Addis«. Sie orientierten sich musikalisch an dem, was die US-Army von ihrer Militärbasis in Asmara in den Äther schickte: Funk, Soul, Jazz, Rock'n'Roll, also alles, was damals die Hitparaden stürmte und die Hüften in Bewegung setzte. Wie eine Knetmasse bearbeitete die Addis-Groove Connection diese Rohware und entwickelte einen ganz eigenen Stil. Perkussive Saxophonarrangements ergänzen sich mit verzerrten Gitarrengrooves, dazu funkige Basslinien und ein genau dosiertes, dennoch treibendes Schlagzeug. Nicht das Solo steht im Vordergrund, sondern der gemeinsame Sound.
Wunderbar gelingt dies beispielsweise dem »äthiopischen James Brown« Alèmayèhu Eshèté. Ein Star seiner Zeit hat er in den 60er Jahren als einer der ersten begonnen, moderne Grooves mit amharischen Texten zu besingen. Die ganze Bandbreite der musikalischen Szene am Horn von Afrika zeigt sich bei der katholischen Nonne Tsegué-Maryam Guebrou die mit ihrer Mixtur aus Kinderlied, äthiopischer Volksweise und Bill Evans eine ganz eigene Melodie-Sprache entwickelt. Aber eigentlich ist jede einzelne Aufnahme der insgesamt 28 Tracks umfassenden Compilation ein Glücksfall: Francis Falceto sei dank hat die Musik zwischen den Welten ein neues Zuhause bekommen.