





polar #19: Krieg und Frieden
EDITORIAL
INTERVENTION
INVENTUR
INTROSPEKTION
SCHÖNHEITEN
Patrick Thor Das höchste Spiel Von der Welt als Western: Cormac McCarthys Blood Meridian Or The Evening Redness in the West
| Christoph Raiser Irre Krieg und Klischee: The Incal von Alejandro Jodorowsky und Moebius
| Robin Celikates Happy Days Kriegsfolgen und Vatervergötterung: Kenzaburo Ôes The Day He Himself Shall Wipe My Tears Away
| Anna-Catharina Gebbers Zähne Zeigen Reparatur als Transformation: Kader Attias The Repair
| Franziska Humphreys Vermintes Gebiet Löcher in der Kausalität: Wolfgang Herrndorfs Sand
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Bertram LomfeldEin seltsames SpielNicht zu gewinnen: Thomas Schellings The Strategy of Conflict | Wie schön geordnet war doch die Welt im Kalten Krieg. Klare Konflikte prägten die Politik. Rationale Interessen erklärten ihre Strategien. So liest sich die Geschichte zumindest aus der spieltheoretischen Perspektive von Thomas Schelling. Der Ökonom war einer der einflussreichsten Militärstrategen Amerikas. Ob Kuba-Krise oder Abrüstungsverhandlungen hörte das Weiße Haus auf seinen Rat. Nach Schelling ist ein Konflikt kein pathologischer Zustand, der möglichst schnell zu heilen ist. Konflikte müssten vielmehr als ›Spiele‹ um Interessen betrachtet werden, in denen wir überall und alltäglich leben. Damit lässt sich der Streik der Deutschen Bahn genauso analysieren, wie ein Ehekrach, Haushaltsdebatten oder das atomare Wettrüsten. Schon seit Clausewitz wissen wir, dass Krieg eben nur die Fortsetzung von Interessenpolitik »mit anderen Mitteln« ist. Aber Schellings Logik ist utopischer. Atomwaffen verhindern den Krieg. Aufgrund ihrer globalen Vernichtungskraft seien sie nicht einfach »noch so eine Waffe«, sondern führten zu einer stillschweigenden Übereinkunft zwischen den Atommächten, keinen Krieg mehr zu beginnen. Oder wie in dem 80er Jahre Film ›War Games‹ das intelligente außer Kontrolle geratene Raketenabschussystem WOPR (War Operation Plan Response) formuliert, nachdem es alle möglichen Strategien durchgerechnet hat: »Ein seltsames Spiel. Der einzig gewinnbringende Zug ist, nicht zu spielen.«
Gegenseitige nukleare Abschreckung als Friedensgarant. Stabilisieren Atombomben für den Iran und Nordkorea dann den nahen Osten und den Pazifik? Ganz so viel Rationalität trauen wir der Welt eben nicht zu. Oder hakt doch etwas im logischen System der Spieltheorie? Kann die Vertiefung einer Ideologie exzessiven kämpferischen Wettbewerbs wirklich Frieden stiften? Wenn es Gewinner gibt, muss es auch Verlierer geben. Und für die ist es im Zweifel rational, sich nicht mehr rational zu verhalten. Außerdem enthüllt uns Dr. Strangelove in Kubricks Kultfilm die emotionalen Abgründe der spieltheoretischen Rationalität: »Abschreckung ist die Kunst, im Hirn des Feindes Furcht zu erzeugen.« Eine rationale Logik der Furcht ist keine schöne Utopie.
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| Arnd Pollmann Kriegsmüde Demokratie, Völkerbund und Weltbürgerrecht: Kants Zum ewigen Frieden
| Hybris und Kalkül Zynische Verkehrung: Carl Schmitts Die Wendung zum diskriminierenden Kriegsbegriff
| Tillman Vogt Gelage und Gemetzel Unerträglich: Curzio Malapartes Kaputt
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