Es gibt gute Gründe, militärischen Interventionen zur Friedensschaffung in der Regel kritisch zu begegnen. Angesichts der unklaren langfristigen Erfolgsaussichten und der „Kollateralschäden" mag oft Zurückhaltung geboten sein. Aber das erspart uns nicht die Abwägung im Einzelfall. Denn es gibt Fälle, bei denen man nur um den Preis der Realitätsverleugnung oder des Zynismus bestreiten kann, dass der Einsatz von Waffen gerechtfertigt, ja sogar dringend erforderlich war. Wenn die Alliierten im Zweiten Weltkrieg Deutschland nicht mit Waffengewalt niedergerungen und für Frieden gesorgt hätten, wäre alles noch viel schlimmer geworden. Oder hat jemand den Mut, den geretteten Opfern der nationalsozialistischen Verfolgung und Kriegsführung zu erklären, dass Diplomatie, ein Wirtschaftsboykott oder der schlichte Zeitablauf den Faschismus möglicherweise irgendwann auch beendet hätten? Wenn es aber einen klaren Fall gibt, kann er immer wieder kommen. Da helfen wohlmeinende, aber viel zu allgemeine Parolen gar nichts. Abwägen und Nachdenken mit allen Risiken des Scheiterns gehören zur Politik - wer (scheinbare) Klarheit und Sicherheit will, lässt lieber die Finger davon. Stefan Huster Wenn kriegerische Gewalt überhaupt je legitim sein kann, dann nur, wenn dadurch schwerste Menschenrechtsverletzungen zu stoppen sind. In diesem Fall aber wäre es ein Zeichen von intellektueller Redlichkeit, sich zu entscheiden: entweder für einen radikalen Pazifismus und somit zu Ungunsten unverlierbarer Menschenrechte. Oder aber umgekehrt: Zu Gunsten eines konsequenten Menschenrechtsschutzes, dann aber zugleich auch gegen einen bedingungslosen Pazifismus. Schon im Bürgerkrieg gilt: Der revolutionäre Kampf um Menschenrechte mobilisiert eine legitime Gegengewalt gegen staatliche Willkürherrschaft. Bereits in dieser Hinsicht ist das Anliegen der Menschenrechte mit einem durchweg konsequenten Gewaltverzicht unvereinbar. Fraglich ist aber, ob die internationale Staatengemeinschaft in derartige Bürgerkriege eingreifen sollte, um „in Stellvertretung" eine entsprechende Gegengewalt auszuüben. Ein autoritäres Regime jedenfalls, das massiv Menschenrechte missachtet, kann nicht länger als Ausdruck eines demokratisch geeinten Volkswillens verstanden werden. Es wird vielmehr zu einem gewalttätigen Feind der Demokratie, der seinerseits mit Gegengewalt rechnen muss. Und dabei büßt das Regime nicht nur seine innere Legitimität, sondern zugleich auch seine äußere Souveränität ein. Arnd Pollmann [...]