Das Online-Magazin zur Zeitschrift | HALBJAHRESMAGAZIN polar






polar #19: Krieg und Frieden




EDITORIAL

 
Peter Siller/Bertram Lomfeld
Editorial


INTERVENTION

 
Wilfried Hinsch
Verpflichtet zur Intervention?
Ãœberlegungen aus ethischer Sicht
 
Reinhard Merkel
Demokratischer Interventionismus?
Zwei Modelle einer gescheiterten Idee
 
Mattias Kumm
25 Jahre nach Ende des Kalten Krieges
Der liberal-demokratische Verfassungsstaat zwischen autoritären Herausforderungen und neuen Kriegen
 
Heinrich August Winkler
Was bedeutet internationale Verantwortung?
Gedanken zur deutschen Außenpolitik
 
 

Anna Geis

Demokratischer Frieden

Eine unerschütterliche liberale Utopie?


Der »demokratische Frieden« geht von der Idee aus, dass Demokratien sich in der Außenpolitik anders verhalten als andere Herrschaftstypen. Sie halten Frieden untereinander. Allerdings haben Demokratien auch eine militante Seite. Und der Frieden zwischen den Demokratien kann auch nicht einfach als historische »Tatsache« betrachtet werden, die fraglos in die fernere Zukunft fortgeschrieben werden kann.

›Demokratie‹ ist in den liberalen Theorieströmungen der politikwissenschaftlichen Internationalen Beziehungen mit der Idee der Friedensförderung verknüpft. Bereits in den aufklärerischen Denktraditionen liberaler politischer Philosophie seit dem 18. Jahrhundert wird Krieg nicht als quasi-natürliche Eigenschaft des internationalen Systems angesehen, sondern für überwindbar gehalten - widerspricht im Aufklärungsdenken die Zerstörung von Menschen, Territorien und materiellen Werten doch der ökonomischen Rationalität wie der allgemeinen Vernunft. Die Verfassung der Herrschaftssysteme muss jedoch auch so gestaltet sein, dass sich diese Vernunft gegen den negativen Einfluss von Partikularinteressen durchsetzen kann, was in republikanischen oder demokratischen Regimeformen am ehesten der Fall ist. Auch auf internationaler Ebene muss durch internationale Organisationen und Freihandel der rational motivierte Kooperationswille zwischen den Staaten gestärkt werden. Diese Gedanken wurden nicht nur im akademischen Elfenbeinturm gepflegt: So hatte etwa der US-Präsident (und Professor für Rechtswissenschaft und Nationalökonomie) Woodrow Wilson solche idealistischen Visionen in seiner berühmten Rede vom 8. Januar 1918 über die 14 Punkte für eine neue Weltordnung nach Beendigung des Ersten Weltkriegs zum Ausdruck gebracht.

Kants Vermächtnis
Seinerzeit war die Welt noch nicht reif für demokratiebasierte Friedensordnungen. Das für Wilsons Rede oft verwandte Etikett des »Idealismus« war auch explizit negativ gemeint, galten seine Ideen einigen eben auch als naiv und im schlechten Sinne utopisch. Erst das Ende des Kalten Krieges rund 70 Jahre später führte in den westlichen Geistes- und Sozialwissenschaften sowie in der politischen Praxis zu einem Aufschwung liberaler Ideen über die Gestaltung einer friedlichen Weltordnung. In den US-amerikanischen Internationalen Beziehungen entwickelte sich seit den späten 1980ern das liberale Forschungsprogramm zum »demokratischen Frieden«. Dieses handelt von einer regimetyp-spezifischen Fähigkeit bestimmter Staaten, den Frieden zu fördern. Zwischen konsolidierten Demokratien scheint der »liberale Traum von der gewaltfreien Moderne« (Hans Joas) Wirklichkeit geworden zu sein. Solche Demokratien führen keine Kriege gegeneinander, wie sich statistisch belegen lässt. Zur Erklärung dieses Phänomens wird ein Kerngedanke aus Immanuel Kants Schrift »Zum ewigen Frieden« (1795) aufgenommen. Kant hatte in seiner Schrift eine Reihe von Faktoren benannt, welche die Friedlichkeit von Staaten befördern können, jedoch steht in der heutigen Forschung zum »demokratischen Frieden« der Erste Definitivartikel im Vordergrund: Da die Bürger selbst die Kosten und Mühen eines Krieges zu tragen hätten (und nicht die Könige und Fürsten), würden die letztlich Betroffenen gemäß Kant sich sehr bedenken, »ein so schlimmes Spiel anzufangen«. Leben sie in einer Herrschaftsform, in der ihre »Beistimmung« zu solchen Entscheidungen erforderlich ist, dürfte es also seltener zu Kriegen kommen. [...]


 
Pierre Thielbörger
Grün ist die Hoffnung – und der Krieg?
Der Sicherheitsrat als Klimaschützer im 21. Jahrhundert
 
Thorsten Thiel
Cyber, Cyber
Krieg und Frieden in einer vernetzten Welt
 
Stefan Huster/Arnd Pollmann/Wilfried Hinsch/Peter Siller
Ist es links? >Veggieday<



INVENTUR

 
Rebecca Harms
Ukraine, 19. bis 21. Februar 2015
Ein Reisebericht
 
Matthias Schaffrick/Thomas Weitin/Niels Werber
Nicht Krieg, nicht Frieden
Postsouveränes Erzählen und Gegenwartsliteratur
 
Désirée Kaiser
Nicht tot zu kriegen
Zur Resistenz deutscher Feldpost
 
Thomas Kleinheinrich
Flashbacks
Die Auswirkungen von Auslandseinsätzen auf VeteranenInnen und Angehörige
 
Anja Seiler
»Sie haben mich behandelt wie ein Tier«
Zwei Flüchtlingsgeschichten aus Bayern
 
Julia Roth
Living on the Edge
Vom Alltag des Ausnahmezustands in Israel
 
Maja Bächler
Friede, Freude, Sicherheit
Spannungen zwischen Militär, Politik und Gesellschaft
 
Anna-Catharina Gebbers
Die Benutzeroberfläche des Krieges
Situation Rooms vom Theaterkollektiv Rimini Protokoll
 
Johanna-Charlotte Horst
Mein halbes Jahr: ›Literatur‹
Claude Simon – Lew Tolstoi – Theodor W. Adorno
 
Johannes von Weizsäcker
Mein halbes Jahr: ›Musik‹
Laurent Garnier – Motorama – Fujiya Miyagi – Whomadewho – Viet Cong – Stewart Lee
 
Matthias Dell
Mein halbes Jahr: ›Musik‹
Une Jeunesse allemande – Die Folgen der Tat – Beyond Punishment



INTROSPEKTION

 
Milo Rau
Der Frieden des Herzens und der guten Absichten
Eröffnungsrede zu »Das Kongo Tribunal«
 
Bertram Lomfeld
Die Kunst des Prozesses
Realtheater der Weltpolitik
 
John von Düffel/Malin Nagel
Dynastie und Krieg
›Ödipus Stadt‹ von Sophokles, Euripides und Aischylos
 
Bernhard Viel
Bellizistische Insekten
Die Biene Maja und der Erste Weltkrieg
 
Susann Neuenfeldt/Simon Strick
Hallo Karthago/Hallo Rom:>Dein falscher Frieden<
 
Martin Saar
Bildpolitik: >Die normale Streitkraft<
 
Ina Kerner
Leben im Kapitalismus: >Krieg der Trolle<



SCHÖNHEITEN

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