





polar #19: Krieg und Frieden
EDITORIAL
INTERVENTION
INVENTUR
INTROSPEKTION
Milo RauDer Frieden des Herzens und der guten AbsichtenEröffnungsrede zu »Das Kongo Tribunal« | Vom 29. bis 31. Mai 2015 fand in Bukavu das »Kongo Tribunal« statt, das der Autor und Regisseur Milo Rau mit seinem Team über ein Jahr lang vorbereitet hatte. Vor der internationalen Jury des Tribunals, der zwei Anwälte des Internationalen Strafgerichtshofs von Den Haag vorsaßen, äußerten sich 40 Zeugen und Experten zu den wirtschaftlichen Hintergründen des seit 20 Jahren andauernden Kongokriegs: Angehörige der Regierung genauso wie der Opposition, der kongolesischen Streitkräfte und Milizen, Minenarbeiter, Geologen, Diplomaten, FrauenrechtlerInnen, internationale Beobachter und UNO-Angehörige. Bukavu, 29. Mai 2015. Meine Damen und Herren, wenn sich in den drei folgenden Tagen das »Kongo Tribunal« auf meine Initiative in Bukavu, Demokratische Republik Kongo, versammelt, um die wirtschaftlichen, identitätspolitischen, geostrategischen und regierungstechnischen Gründe des Krieges, der Unsicherheit und der Armut im Ostkongo zu untersuchen, dann steht dieses Tribunal in einer langen Tradition ähnlicher Tribunale. [...]
Was das Nürnberger Tribunal anbelangt, das sich vor 70 Jahren versammelte, so bestand es ausschließlich aus den Gewinnern des Krieges. Auch wenn es selbstverständlich undenkbar gewesen wäre, deutsche Experten und Zeugen zuzulassen, um die Shoah im gleichen Rahmen wie beispielsweise das strategische Bombardement deutscher Städte zu debattieren, so blieb in den Augen der Zeitgenossen diese Einseitigkeit doch ein Fleck auf dem Urteil von Nürnberg. Vergessen wir nicht, dass auch Hitler-Deutschland, sogar noch kurz vor Kriegsende, ein ähnliches Tribunal vorbereitete gegen die Alliierten, das Hitler ohne Zweifel hätte durchführen lassen, wenn er den Krieg gewonnen hätte. Was glücklicherweise nicht der Fall war.
Aber der eigentliche, noch schädlichere Fleck auf der Legitimität des Nürnberger Tribunals und aller Tribunale, die darauf folgen sollten, war zweifellos ihr Mangel an Kontinuität und Universalität. Warum, zum Beispiel, ein Tribunal gegen die Kriegsverbrechen der amerikanischen Armee in Vietnam, aber niemals ein Tribunal gegen die Verbrechen, die die Streitkräfte der ehemaligen Sowjetunion in Afghanistan 15 Jahre später verüben sollten? Warum ein Tribunal, das die Strategie der Amerikaner im zweiten Irak-Krieg untersuchte, aber niemals ein Tribunal über die Verbrechen, die die russische Armee gleichzeitig in Tschetschenien verübte? Warum schließlich ein Internationales Tribunal gegen die Völkermörder in Ruanda, aber niemals eines gegen die Kriegsverbrechen in den angrenzenden Ländern wie Burundi oder der Demokratischen Republik Kongo? [...]
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