polar #19: Krieg und Frieden
EDITORIAL
INTERVENTION
INVENTUR
Rebecca Harms Ukraine, 19. bis 21. Februar 2015 Ein Reisebericht
| Matthias Schaffrick/Thomas Weitin/Niels Werber Nicht Krieg, nicht Frieden Postsouveränes Erzählen und Gegenwartsliteratur
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DĂ©sirĂ©e KaiserNicht tot zu kriegenZur Resistenz deutscher Feldpost | Ein Kriegsbrief umklammert Gegensatzpaare: In ihm kulminieren Kriegszustand und Liebesgefühl, Front und Heimat, Mann und Frau. Das Medium wird zum Scharnier zweier Welten und zum Speicher kultureller Schreibpraxis. Und das bis in unsere digitale Gegenwart hinein. Die Feldpost überlebt Zensur, Friedenszeiten, selbst die SMS. Wie macht sie das? Die Antwort darauf steckt in dem Korpus des Massenmediums. Auf 70 Milliarden schätzt die Forschung den Gesamtbestand von deutschen Feldpostsachen. Acht sind in diesem Heft abgedruckt. Acht Briefe lang Zeit, Überlegungen darüber anzustellen, was Feldpost unersetzlich macht und welche anthropologischen Konstanten sie speichert. Damit verbunden sind auch acht Menschen, die sich in ihren Briefen mit all ihren banalen und alltäglichen, aber auch erschreckenden und berührenden Erlebnissen zu Wort gemeldet haben.
1811 ist Stephan Wahlen jung, nicht besonders gebildet und als Soldat in Calais stationiert. Wahrscheinlich wurde der Bonner für die französische Armee im Zuge der Napoleonischen Kriege eingezogen. Gegen einen freiwilligen Einsatz spricht die Vehemenz, mit der er sich über die Kriegsbedingungen beklagt: »Ich muss euch zu wissen tun, seit das ich von Haus gegangen sein hat es uns alle nicht zum besten gegangen, denn von Haus bis Clehen haben mir von den Leute noch was bekommen, und von da an, bis Calais haben mir nichst mehr bekommen, und alles war sehr teüer« (S. 95). Teures Fleisch, ungewohnte Behandlung und seine Transformation vom Zivilisten zum Soldaten scheinen ihn zu irritieren. Er beschwert sich über die Entwendung seiner Kleider. Mit »Rock und Mütze« wird er neu ausgestattet, doch bemängelt Stephan, er habe »nichteinmahl so viel Zeit dass [er] mit Weinen schonschieren konnte«. Ein souveräner Umgang mit der Syntax gelingt ihm kaum, er ist kein geübter Schreiber, sondern überträgt unreflektiert seinen gesprochenen Dialekt in das schriftliche Medium. Sein Brief aus Calais an die »liebste[n] Eltern« und Geschwister versucht mit seinem Plauderton, eine Familiensituation am Abendbrottisch zu substituieren. Der junge Mann scheint noch nicht vom Elternhaus abgenabelt, denn Probleme und ihre Lösungen verschiebt er in den Verantwortungsbereich der Familie.
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INTROSPEKTION
SCHÖNHEITEN
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