





polar #14: Sex und Befreiung
EDITORIAL
ERWIDERUNG
ERREGUNG
EMANZIPATION
SCHÖNHEITEN
Franziska Humphreys Diskursive Explosionen Die ewigen Spiralen von Lust und Macht: Michel Foucaults Geschichte der Sexualität
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Johannes KleinbeckNähren und AnnähernAbsolute Vereinigung? »Liebesjubel« in Richard Wagners Siegfried | Was ist schon ein Drache ungeheuerlich gegen den »Busen« einer Frau? Nachdem Siegfried in der gleichnamigen Oper aus Richard Wagners Der Ring des Nibelungen nicht nur den Lindwurm Fafner getötet, sondern ebenso den Speer des Gottes Wotan gebrochen hat, bekommt er es bei Brünnhilde mit der Angst zu tun. Während er, der auszog um das Fürchten zu lernen, zuvor also noch Heldentaten mit kindlichem Leichtmut und Stolz vollbringen konnte, erfasst ihn »an Brünnhildes Busen« panisches Erschrecken. Und so ruft er fassungslos aus: »Oh Mutter! Mutter! / Dein mutiges Kind! Im Schlafe liegt eine Frau: – / die hat ihn das Fürchten gelehrt!« Und als ihm Brünnhilde auch noch ihre unendliche, voranfängliche Liebe gesteht – »Dich zarten nährt’ ich / noch eh’ du geboren « – ist Siegfried bereits in den Fängen der gefürchteten, der gewünschten Konfusion von »Nähren« und »Annähern«, von »Mutter« und »Frau«: »So starb nicht meine Mutter? / Schlief die minnige nur?« Brünnhildes Antwort vermag ihm diese Verwechslung nicht zu entwirren, kehrt in ihr doch im fürsorglichen Ton entgegen dem Gesagten eine bruchlos gespiegelte Liebe wieder: »Du wonniges Kind, / deine Mutter kehrt dir nicht wieder. / Du selbst bin ich, / wenn du mich selige liebst.«
Der »Liebesjubel«, der auf diese Worte folgt, wird nicht nur in den Opernhäusern der Welt, er wird von dem Paar selbst als ein Happy End unendlicher Liebe in Szene gesetzt. Aber fällt der Vorhang, kommt es denn zum endlichen Liebesakt? »Lachend will ich erblinden; / lachend lass uns verderben – / lachend zu Grunde gehen!« In diesem das Augenlicht blendenden Lachen offenbart sich ein schales Glück, ein Grauen bruchloser, absoluter Vereinigung. Trotz ihres gemeinsamen Ausrufs – »Leuchtende Liebe, lachender Tod!« – scheint es nicht gewiss, ob zwischen Siegfried und Brünnhilde solch eine asyndetische Verbindung tatsächlich gelingt. Jedenfalls hält sie nicht: Am Anfang des letzten Teils der Wagner’schen Tetralogie wird Siegfried erneut in die Welt ziehen, um vor hiesiger Angst andernorts das Fürchten zu lernen. Später erst, in der Götterdämmerung, stirbt er dann einen anderen Tod. Er lässt sich in Wagners Librettos zu seinem Ring des Nibelungen in der Lektüre erfahren. |

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