polar #14: Sex und Befreiung
EDITORIAL
ERWIDERUNG
ERREGUNG
Anna-Katharina Meßmer Fragen Sie Ihren örtlichen Vagina-Designer Über Intimchirurgie und das Scheitern
| Svenja Flaßpöhler Alles Porno Sex im Burnout-Zeitalter
| Julia Seeliger Macht Euch mal locker Dates, Porno und Liebe im Internet
| Volker Woltersdorff VernĂĽnftige Unvernunft? Zur Lust am Spiel mit der Macht
| Silvio Wirth Den Tiger reiten Tantra als Beitrag zu einer erotischen Kultur
| Cordelia Fine Abschied von der Pappkameraden- Feministin Neurosexismus und Wissenschaftsgläubigkeit
| Henriette Fiebig Kopulierende Breitrandschildkröten n Wie Online-Enzyklopädisten sich (nicht nur) hehren Zielen verschreibe
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Amely WahnschaffeLiebe, Schmerz, HoffnungEin paar Sexualitäten, vom Therapeutensessel aus gesehen | Vier Geschichten, vier Liebesformen, erzählen von inneren Kerkern und Befreiungsversuchen. Bei näherem Hinsehen kann sich das Skurrile als nachvollziehbarer Lösungsversuch entpuppen und die eigene »Normalität« fragwürdig werden. Heilung besteht dann nicht unbedingt im Verschwinden eines sexuellen Symptoms, sondern auch in dessen Verständnis und seiner Integration in ein stimmiges Selbst- und Weltbild.
Liebesformen Sylvia, 38 (die Namen sind geändert und die Fallgeschichten anonymisiert), hat in ihrem Leben drei Vergewaltigungen erlebt, mit 14, 19 und 23, danach wechselnde Beziehungen, lange Singlephasen. Sie ist normal heterosexuell, offen, kann sich verlieben. Aber Sex kann sie nur genießen, wenn sie alles absolut unter Kontrolle hat. Sie kommandiert, unterbricht und zieht sich zurück. Und wenn sie sich mal »Mühe gibt« und einfach mitmacht, dann kommt das ganze alte scheußliche Gefühl wieder hoch und sie muss sich wehtun. Wenn sie dann sehr lange duscht und dann sehr lange zusammengerollt mit ihrem alten Stoffhasen im Arm auf dem Sofa liegt und dabei leise Kinderlieder summt, kann es wieder gut werden.
Songül, 48, ist genervt von ihrem Mann. Er hat sie jahrelang betrogen, manchmal auch geschlagen. Am schlimmsten findet sie aber, dass er sie mit den Kindern so alleine gelassen hat. Jetzt bemüht er sich sogar um sie und benimmt sich anständig. Aber es ist zu spät. Das Herz bleibt kalt. Sie hatte einmal Träume von einer erfüllten Sexualität, auch von scharfen Dessous und roten Lippen. Dafür hat er sich nur bei den anderen interessiert, mit denen er nicht verheiratet war. Trotzdem verlässt sie ihn nicht, trotzdem guckt sie sich nicht um. Wenn sie es täte, würden ihre Eltern nicht mehr mit ihr sprechen. Wenn sie es täte würden etliche Familien ihre Kinder als Ehepartner für deren Kinder ablehnen. Wenn sie es täte, müsste sie nachts alleine im Zimmer schlafen: die Gespenster ihrer Kindheit würden über sie herfallen. Sie kann sie nicht erkennen als Körpererinnerungen an die früheren Misshandlungen. Stattdessen hält sie diese Gespenster für Botschaften teuflischer Wesen, die sie nur durch äußerste Tugend und regelmäßiges Beten im Griff behalten kann, wie der Imam sie gelehrt hat. Glücklich ist sie, wenn sie im Fernsehen einen Liebesfilm sieht, während niemand zu Hause ist. Dafür hat sie sich extra von ihrem Mann einen Beamer gewünscht und bekommen. So groß ist das Gesicht der strahlenden, jungen, liebenden und geliebten Frau auf der Leinwand, dass sie ihr eigenes Dasein für einen Moment vergisst und ganz diese Frau ist. Das ist ein unbezahlbarer Trost. [...]
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| Aletta Diefenbach Daphne und Alex Eine Ur(bett)szene der sexuellen Befreiung
| Johann S. Ach Mensch und Tier Bundesrats-Drucksache (300/1/12): Zur aktuellen Debatte um »Tierbordelle«
| Marie Schmidt Mein Halbes Jahr: >Literatur< Jean Clam – Miranda July – Byung-Chul Han
| Johannes von Weizsäcker Mein Halbes Jahr: >Musik< Sasha Grey – aTelecine – Carter Tutti Void – Throbbing Gristle – Factory Floor – Frank Ocean – Jon Spencer Blues Explosion – Ghikas-Walshe
| Matthias Dell Mein Halbes Jahr: >Film< Zero Dark Thirty – Silver Linings Playbook – Paradies: Liebe
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