polar #14: Sex und Befreiung
EDITORIAL
ERWIDERUNG
Greta Christina Was zählt? Zur Grauzone zwischen Sex und Nicht-Sex
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Gunter SchmidtBefreiung der Sexualität? Befreiung durch Sexualität?Zur Problematik des Begriffs »sexuelle Freiheit« | Vorstellungen von »sexueller Freiheit« durchwehen ausgesprochen oder unausgesprochen fast alle Diskurse zur Sexualität. Freiheit und Befreiung sind pathetische Begriffe, sie laufen Gefahr, unsere ohnehin überfrachteten Erwartungen an die Sexualität mit transzendierenden Bedeutungen und illusionär aufzuladen.
Unpathetische und pathetische Befreier Am sympathischsten sind mir deshalb diejenigen Freiheitsbewegungen, die dies vermeiden, die pragmatisch, eben unpathetisch sind. Sie definieren Befreiung als Freisetzung der Sexualität von einschränkenden Konventionen oder, noch nüchterner, als eine Ausweitung sexueller Optionen und Rechte. Drei Beispiele solcher Ansätze aus der neueren Geschichte der Sexualität nenne ich pars pro toto: Magnus Hirschfeld und die erste Schwulenbewegung, die Ende des 19. Jahrhunderts entstand, sich für die gleichgeschlechtliche Option einsetzte und gegen Diskriminierung und Verfolgung von Schwulen und Lesben kämpfte. Eine andere unpathetische, gleichwohl eminent erfolgreiche sexualpolitische Freiheitsbewegung ist die zweite Frauenbewegung in den 1970er und 1980er Jahren, die unter anderem die Geschlechterangleichung im Hinblick auf sexuelle Optionen und Rechte durchsetzten und Respekt vor der sexuellen Besonderheit von Frauen und Männern.
Eine drittes unpathetisches und besonders weitreichendes Freiheitskonzept formulierte der bedeutende US-amerikanische Sexualforscher Alfred Kinsey in der Mitte des letzten Jahrhunderts. Er begriff die (damalige) Zivilisation als Widersacher der Sexualität. Als Biologe und Taxonom hatte er sich, bevor er Sexualforscher wurde, jahrelang evolutionsbiologisch und wissenschaftlich sehr erfolgreich mit der unüberschaubaren Vielfalt der Erscheinungsformen eines Insekts, der Gallwespe, befasst. Als Sexualforscher faszinierte ihn nun die »unlimited nonidentity«, die unbegrenzte Ungleichheit des sexuellen Verhaltens der Menschen, und ihn erboste, dass diese wunderbare, »natürliche« Fülle durch die traditionelle Moral zur Monokultur des heterosexuell-prokreativ-ehelichen Koitus in Missionarsstellung verkümmerte. Er war, aus heutiger Sicht, ein naiver Naturalist. Aber er entzog sich der Versuchung, der die meisten Sexualreformer erlagen, nämlich sexuelle Richtigkeit zu definieren, damit zu verschreiben und neue Grenzen zu setzen. Moderne Begriffe wie »Paraphilie« oder gar »sexuelle Gesundheit« wären ihm ein Gräuel gewesen. Ein 50-jähriger Mann, der seit seinem 15. Geburtstag jeden Tag mindesten einen Orgasmus hatte, und ein Gleichaltriger, der seit dem Jugendalter insgesamt nur drei Orgasmen erlebt hatte, waren für ihn nicht »sexuell süchtig« bzw. »sexuell gehemmt«, sondern präsentierten nur extreme Ausprägungen im Rahmen der »unlimited nonidentity«. [...] |
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