





polar #14: Sex und Befreiung
EDITORIAL
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Franziska HumphreysDiskursive ExplosionenDie ewigen Spiralen von Lust und Macht: Michel Foucaults Geschichte der Sexualität | Ist die Befreiung der Sexualität ein Weg zur Befreiung des Menschen aus seiner gesellschaftlichen Unterdrückung? In seiner dreibändigen Geschichte der Sexualität stellt Michel Foucault diese These linker Aufklärungspolitik radikal in Frage. Im ersten Band Der Wille zum Wissen (1976) steckt Foucault die theoretischen Eckmarken seines neuen archäologischen Forschungsfeldes ab: Die angeblich befreienden Diskurse über Sexualität sind kein Mittel politischer und individueller Emanzipation, sondern vielmehr ein Instrument der herrschenden Macht, um die Körper ihrer politischen Subjekte nach ihrem Willen zu formen. Die abendländische, christliche Gesellschaft habe die Sexualität nicht mit Tabus umstellt, in ihren Äußerungsformen zensiert und zum Schweigen verurteilt, sondern vielmehr unser Liebesleben, unsere erotischen Praktiken und sexuellen Vorlieben durch eine ausgeklügelte Geständniskultur und eine institutionalisierte Verwissenschaftlichung der Sexualität zum Hauptgegenstand des diskursiven Interesses gemacht.
Was Foucault später mit seinem Begriff der Biopolitik explizit machen sollte, ist hier schon in nuce angelegt. Die Geschichte der Sexualität markiert so nicht nur eine polemische Positionierung gegen seinerzeit gängige Trugschlüsse linker Meinungsbildung, sondern auch eine radikale Distanznahme gegenüber seiner eigenen Machttheorie, wie er sie insbesondere in Überwachen und Strafen entwickelt hatte. Die Instrumente und Dispositive der Macht begreift Foucault nun nicht länger als Ausschluss- und Unterdrückungsmechanismen, sondern vielmehr als subtile Diskurspraktiken, die reale Effekte auf die Körper, die Lust, die Sehnsüchte, die Gedanken und Empfindungen ihrer Subjekte haben, ja diese überhaupt erst hervorbringen. Es gibt kein Außerhalb der Macht, so wie es kein außerhalb der Sexualität gibt: Als diskursive Realität unserer gesellschaftlichen Bedingtheit umgibt sie uns ständig, in allem was gesagt und nicht gesagt wird. |

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