Zeitungen, Zeitschriften, Hörfunk und Fernsehen greifen in ihrer Berichterstattung gern und häufig auf »Experten« als Informationsquellen zurück. Experten finden sich in Artikeln und Sendungen über Umwelt, Gesundheit und technische Innovationen, aber auch in solchen über politische Ereignisse und Projekte, gesellschaftliche Trends und sogar Sport. Experten zeichnen sich aus durch Verfügung über Spezialwissen und Anwendung dieses Spezialwissens auf die Diagnose von »Problemen« und ihre Bewältigung. Expertise ist daher gesellschaftlich kontextualisiertes Wissen, das sich auf praktische Orientierungs- und Handlungsprobleme bezieht; der Expertenstatus ist eine zugewiesene Rolle in einem implizierten Beratungsverhältnis. Das Spektrum an von den Medien präsentierten Experten ist breit: Es reicht von Klimawissenschaftlern über Psychologen bis zu Fußballtrainern. Nicht selten werden auch fachlich spezialisierte journalistische Kollegen als »Experten« bezeichnet und als solche in die Berichterstattung eingeführt. Der von den Medien zugeschriebene Expertenstatus ist also relativ unabhängig von wissenschaftlichen Berufsrollen. Das ist zunächst einmal kein Anlass zu Kritik an den Medien, sondern reflektiert die in der Soziologie breit reflektierte Beobachtung, dass Wissenschaft kein Monopol für Spezialwissen hat. Wissenschaftliches Wissen wird in vielen Praxisfeldern routinemäßig verwendet und von den dort tätigen, wissenschaftlich ausgebildeten Personen geteilt. Außerdem muss es in der Regel durch andere Wissensformen wie fallbezogenes Erfahrungswissen ergänzt werden, damit es zu problemrelevanter Expertise wird. Die Vorstellung, dass Expertise mit wissenschaftlichen Methoden erstellt wird und dann ohne Weiteres außerwissenschaftliche Entscheidungen informieren kann, wäre naiv. Wissenschaftliche Beratung muss pragmatisch mit Wissenslücken und Unsicherheiten umgehen, von bekannten Fällen auf neue Fälle mit spezifischen Randbedingungen verallgemeinern und Aussagen über mögliche oder erwartete Zukünfte machen. Um relevant zu sein, muss sie darüber hinaus die Entscheidungssituation und die Werte und Ziele der Adressaten reflektieren. Wissenschaftler sind daher nur eine Teilmenge der in den Medien vorkommenden Experten.
Zudem wird nicht jeder in den Medien vorkommende Wissenschaftler in einer Expertenrolle dargestellt. Etwa ebenso häufig wie als »Experten« kommen Wissenschaftler als »Forscher« vor, deren wissenschaftliche Entdeckungen und Forschungsergebnisse popularisiert werden, ohne dass ein direkter Problembezug im Vordergrund steht. Dabei existieren klare Unterschiede zwischen Wissenschaftsdisziplinen: Naturwissenschaftler treten in den Medien relativ häufiger in einer »Forscherrolle«, Geistes- und Gesellschaftswissenschaftler relativ häufiger in einer »Expertenrolle« auf, in der sie gesellschaftliche Ereignisse und Entwicklungen analysieren und kommentieren. [...]