





polar #18: Politik der Lebensformen
EDITORIAL
AUSWEG
ALLTAG
AUTONOMIE
Christoph Menke So sind sie – So leben sie Autonomie und Befreiung
| Christian Berkes Airbnb, Wohntourismus 20 Thesen zum Plattformkapitalismus am konkreten Fall
| Viktor Tóth Techno als Lebensform? Ein Selbstexperiment
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Martin SaarBildpolitik: >Heimatschutz< | Seit dem Herbst 2014 wachsen die Demonstrationen der Dresdener PEGIDA-Bewegung; inzwischen finden sich Nachahmer-Initiativen auch in anderen deutschen Großstädten. Der Name ist Programm, diverse knappe Onlinemanifeste flankieren ihn mit Forderungen, aber noch bleibt die politische Festlegung relativ vage. Dies ist sicher auch eine Strategie, um die instabile Allianz zwischen bekanntermaßen kriminellen und dem Hooligan-Milieu nahestehenden Personen und eher friedlichen, aber enttäuschten und durchaus mobilisierbaren Bürgern nicht durch allzu anstößige Signale zu gefährden. Das am häufigsten wiederkehrende Banner auf den Demonstrationen und auf den Internetseiten ist sehr einfach aufgebaut und an ein bekanntes Symbol der ideologisch genau entgegengesetzten Antifa-Bewegung angelehnt. Diese hatte seit den 1980er Jahren das In-den-Papierkorb-Werfen des Hakenkreuzes, oft mit dem Satz »Gib Nazis keine Chance«, zum wirkungsvollen Zeichen gemacht. PEGIDA kontert damit, bildlich gleich noch die Symbole der Antifa selbst, die Parteiflagge der (in Deutschland verbotenen) kurdischen Arbeiterpartei PKK und das Banner des »Islamischen Staats« hinterher- und damit wörtlich in denselben Topf zu werfen.
Es bleibt das Problem, dass, wer zeigen will, was er ablehnt und verwirft, ebendies zugleich zitieren muss; juristisch gesehen gerät diese Darstellung (wegen des Hakenkreuzes) deswegen in die Nähe der Verfassungswidrigkeit. Das Ergebnis hier ist eine zwar ikonisch einprägsame, inhaltlich aber verwirrende Geste der radikalen Ablehnung scheinbar aller politisch radikalen Positionen gleichermaßen, die sich ja nicht einmal alle auf die im Namen der Bewegung viel eindeutiger benannte »Islamisierung des Abendlands« beziehen lassen. Diese Unstimmigkeit spiegelt auch die ideologische Selbstpositionierung PEGIDAs: angeblich weder links noch rechts, sondern gegen jede und vor allem eine importierte Radikalität zu sein, vorgetragen im Modus der Dringlichkeit und Empörung und zum Schutz der eigenen Lebensform, die als bedroht dargestellt wird. Politik von unten bedeutet hier Selbstverteidigung einer ›einheimischen‹ ›Normalität‹, auch an den angeblich hilflosen politischen Institutionen vorbei. Es bleibt zu befürchten, dass der Wille zur Reinigung und der Furor des Ausmistens nicht ganz so schnell befriedigt sein werden und dass der Mülleimer noch lange nicht voll ist, auch wenn es auf diesem unglücklichen Zeichen so aussieht.
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SCHÖNHEITEN
Thomas Biebricher Kraaaaaah Von Vögeln und Menschen: Pete Docters Oben
| Niklas Henning Dreck-an-sich Matter out of Place: Müll bei Mary Douglas und Julia Kristeva
| Franziska Humphreys Eltern an der Macht Eine Art Selbstrekrutierung: Vom Kinderladen zur crèche parentale
| Johannes Kleinbeck Gemeinsam allein Gefühlsleben als Schicksal der Gesellschaft: Herbert Marcuses Triebstruktur und Gesellschaft
| Arthur Lochmann Nicht gestattet Lebensform und Bestrafung: Foucaults La Société Punitive
| Bertram Lomfeld In der Identitätsfalle Intellektuelle Vielfalt: Gegenentwürfe zu Huntingtons Kampf der Kulturen
| Malin Nagel Alle mal mitkommen Gut für dich und den Rest der Welt: Jens Rachuts Alte Sau
| Anna Sailer Smartphone mit Gewissen Die Unerträglichkeit des guten Lebens: »Heldenmarkt« ohne Helden
| Friederike Alberty Mittelschicht unter Druck Vom Fahrstuhl zur Wagenburg: Cornelia Koppetschs Die Wiederkehr der Konformität
| Patrick Thor Auf dem Gleis Nichts läuft (von) allein: Bong Joon-ho’s Snowpiercer
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