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polar #18: Politik der Lebensformen




EDITORIAL

 
Peter Siller/Bertram Lomfeld
Editorial



AUSWEG

 
Rahel Jaeggi
Experimenteller Pluralismus
Lebensformen als Experimente der Problemlösung
 
 

Stefan Huster

In Freiheit leben

Die transformative Kraft einer liberalen Ordnung


Wie man leben will, ist zunächst einmal eine Frage, die jeder Einzelne sich stellen und für sich beantworten muss. Öffentliche Bedeutung erlangen Lebensformen erst, wenn sie sich auf das Zusammenleben und vor allem auf die politische Ordnung auswirken. Dann gibt es allerdings zumindest in Deutschland einen klaren Grundton der Diskussion: Auch und gerade die freiheitliche und demokratische Ordnung sei auf »entgegenkommende Lebensformen« angewiesen.

Man kann dann fragen, was die Gesellschaft zusammenhält, was ihre Bindungskräfte und Ligaturen sind und wie die Zauberformeln sonst noch heißen mögen. Irgendwie soll in den Lebensformen ein normativer Gehalt schlummern, der aller Politik voraus- und zugrundeliegt. Berühmt geworden ist in diesem Zusammenhang der Satz des bedeutenden Rechtswissenschaftlers und früheren Verfassungsrichters Böckenförde, der freiheitliche Staat lebe von Voraussetzungen, die er nicht garantieren könne, ohne seine Freiheitlichkeit aufzugeben. Diese Einsicht hat etwas von einem Dilemma: Wir »brauchen« die richtigen Lebensformen, die Toleranz, demokratisches und soziales Engagement, Freiheit und Gleichheit und die politischen Institutionen unterstützen, aber wir können das nicht erzwingen, weil in einer freiheitlichen Ordnung jeder selbst entscheiden darf, wie er leben will.

Lebensformen reagieren auf ihre Umwelt
Nun ist die These, dass fundamentalistische religiöse Lebensformen, rassistische Überzeugungen oder ein brutaler materialistischer Egoismus als Lebenseinstellung mit einer demokratischen, sozialen und freiheitlichen politischen Ordnung nicht kompatibel sind, nicht von der Hand zu weisen. Aber es ist auffällig, wenn auch wenig beachtet, dass diese Diskussion weithin nur in eine Richtung blickt: Sie fragt, wie sich unterschiedliche Lebensformen auf das Zusammenleben auswirken und ob und wie sie eine freiheitliche politische Ordnung abstützen. Lebensformen bekommen dadurch etwas statisches: Sie sind eben da und so, wie sie sind; manche »passen«, andere nicht. Dabei dürfte massiv unterschätzt werden, dass Lebensformen sich ändern können und dies auch permanent tun - und zwar auch und gerade unter dem Einfluss der politischen Rahmenbedingungen. Die freiheitliche Ordnung übt nämlich erhebliche Wirkungen auf ihre Entwicklung aus; Lebensformen passen sich an, stellen sich quer oder finden einen Mittelweg - jedenfalls reagieren sie auf ihre Umwelt. [...]


 
Peter Siller
Macht es nicht selbst!
Vom Rückzug des Politischen ins Private geschlossener Lebensformen
 
Anna-Catharina Gebbers
Leben als Gesamtkunstwerk
Wagner – Beuys – Schlingensief
 
Lauren Berlant
Grausamer Optimismus
Warum Fantasien des guten Lebens scheitern
 
Thomas Schramme
Die Formung des menschlichen Lebens
Nachdenken über Mills Idee der Lebensexperimente
 
Christian Neuner-Duttenhofer
Abgetaucht
Warum wir politisch an uns selbst scheitern



ALLTAG

 
Stephan Lessenich
Alles so schön jung hier?
Lebensführung im Alter
 
Wolfgang Kaschuba
Schnelle Fluchten
Vom Umgang mit der Zeit
 
Alexandra Deak/Arnd Pollmann
Marinieren, Tranchieren, Ignorieren
Der exorzistische Kult ums Essen
 
Johanna Gonçalves Martín
Leben geben
Geburten in Amazonien und im Westen
 
Arnd Pollmann/Bertram Lomfeld/ Stefan Huster/Peter Siller
Ist es links? >Veggieday<
 
Ina Kerner
Leben im Kapitalismus: >Die Leiter zum Eigenheim<
 
Ulrike Martiny
Straßenreiniger und Müllwerker
Wenn Flexibilisierung auf Familialisierung trifft
 
Tatjana Hörnle
Am Beispiel des Niqab
Zu den rechtlichen Grenzen von Lebensformen
 
Michael Eggers
Wie spricht man über die Einrichtung des Alltags?
Zur undeutlichen Evidenz der Literatur
 
Julia Roth
It’s fucking political!
Die notwendige Kritik normativer Lebensformen
 
Kerstin Carlstedt
Warenhaus Hamburg
Mit Martin für einen Euro sechzig unterwegs
 
Susann Neuenfeldt/Simon Strick
Hallo Karthago/Hallo Rom: >Wir leben, und sind nicht allein<
 
Johanna-Charlotte Horst
Mein halbes Jahr: ›Literatur‹
Franz Kafka – Michel Leiris – Gilles Deleuze
 
Christoph Raiser
Mein halbes Jahr: ›Musik‹
Von Spar – Der Mann – Erfolg
 
Matthias Dell
Mein halbes Jahr: ›Film‹
Boyhood – Monsieur Claude und seine Töchter – Honig im Kopf



AUTONOMIE

 
Christoph Menke
So sind sie – So leben sie
Autonomie und Befreiung
 
Christian Berkes
Airbnb, Wohntourismus
20 Thesen zum Plattformkapitalismus am konkreten Fall
 
Viktor Tóth
Techno als Lebensform?
Ein Selbstexperiment
 
Martin Saar
Bildpolitik: >Heimatschutz<



SCHÖNHEITEN

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