Interview Joseph Vogl »Schulden sind ein Schöpfungsakt«
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Stefan Gosepath Vage Pflichten Was schulden wir zukĂĽnftigen Generationen?
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Daniel MarkovitsLeistungsgesellschaft und ungleiche VerteilungEin Bericht aus den USA |
Was schulden die Reichen der Gesellschaft? Und warum? Die Konzentration von Reichtum in wenigen Händen schreitet in der US-amerikanischen Gesellschaft beständig fort. Die emanzipatorischen Anfänge des Leistungsgedankens haben sich in der entstandenen »Meritokratie« längst in ihr Gegenteil verkehrt. Hinter der moralischen Maske besonderer Fähigkeiten und Anstrengungen entsteht eine neue akademische Leistungs-Aristokratie.
2007, am Vorabend der jüngsten Finanzkrise, verteilte sich fast ein Viertel des nationalen Gesamteinkommens auf das reichste Prozent der US-amerikanischen Haushalte. Eine vergleichbar extreme Konzentration an der Spitze der Vermögensverteilung hatte es seit den späten 1920er Jahren - dem Auftakt der Weltwirtschaftskrise - nicht mehr gegeben. Die Einkommensverteilung der Vereinigten Staaten entwickelt sich nach einem fraktalen Muster. Die Einkommen jeder immer enger werdenden wirtschaftlichen Elite konzentrieren sich wieder auf die Elite der Elite: Das reichste Zehntel erhält die Hälfte des Einkommens des reichsten Prozents und das reichste Hundertstel des reichsten Prozents wiederum die Hälfte des Einkommens des reichsten Zehntels. An der obersten Spitze der Verteilung verzeichnen die 400 reichsten Haushalte mit 140 Milliarden Dollar oder zwei Prozent des Gesamteinkommens eben so hohe Einnahmen wie die 300.000 (immer noch sehr reichen) Haushalte des unteren Viertels des reichsten Prozents.
Keine vernünftige Person kann diese extreme Konzentration von Einkommen begrüßen. Aber es ist schwierig, zu sagen, warum die heutige Verteilung ökonomischer Vorteile in den USA falsch ist; und es ist noch schwieriger vorzuschlagen, wie sie richtig zu gestalten wäre. Moralische Argumente, die über Generationen Bestand hatten, brechen plötzlich weg. Struktur und Gründe der wirtschaftlichen Ungleichheit in den USA immunisieren die ungleiche Verteilung etwa weitgehend gegen Argumente, die dem Einzelnen kraft seiner Menschlichkeit oder seiner Befolgung von gesellschaftlichen Regeln ein unantastbares Minimum zusprechen. Aus ähnlichen Gründen widersetzt sich die neue wirtschaftliche Ungleichheit politischen Umverteilungsprogrammen, wie dem früher so erfolgreichen »War On Poverty«. Oft herangezogene Vergleiche zwischen der Weltwirtschaftskrise 1929 und der großen Rezession der Jahrtausendwende verwirren mehr, als sie klären. Um die neue Lage zu verstehen, dürfen wir nicht in die Vergangenheit blicken, sondern müssen neue Ideen entwickeln. [...]
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