





polar #17: Schuld und Schulden
EDITORIAL
HALTUNG
Mark Schieritz Verschuldet Euch! Schulden als Grundlage der modernen Welt
| Robert Misik Inflation Ein Problem, das wir uns wĂĽnschen sollten
| Gerhard Schick Umschuldung oder Umverteilung Plädoyer für einen geordneten Abbau der hohen Gesamtverschuldung
| Simon Derpmann Es ist was es ist Geld als soziale Relation
| Bertram Lomfeld Schulden ohne Schuld Insolvenz als Grenze der Finanzmoral
| Christian Kopf Mit Schulden handeln Ein Fondsmanager sucht nach Alternativen zur Anleihe
| Frieder Vogelmann Wir Seelenmacher »Unternehmensverantwortung« mit Graeber und Nietzsche
| Alessandro Somma Hedonismus und Askese Paradoxien der Schuldenwirtschaft
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Mark Schieritz/Michael Miebach/Florian Kern/Philipp WahnschaffeIst es links?>Schuldenbremse< | Gerechte Politik zielt darauf einem möglichst großen Personenkreis die gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen und Lasten fair zu verteilen. Mit der Schuldenbremse wird keines der beiden Ziele erreicht. Sie bremst erstens Investitionen in die öffentliche Infrastruktur und sie nimmt dem Staat die Möglichkeit, eine Konjunkturkrise durch Ausgabenprogramme abzufedern. Darunter leiden vor allem die sozial Schwachen und - wenn die Produktivkräfte dauerhaft geschwächt werden - die nachfolgenden Generationen. Sie ist zweitens auch nicht gerecht, denn wenn die nachfolgenden Generationen von den heute getätigten Investitionen profitieren, dann ist es nur legitim, sie an den Kosten zu beteiligen. Sie bezieht ihre Rechtfertigung zudem aus dem Argument, dass gewählten Politikern die Hände gebunden werden müssen, weil sie sich von selbst in ihren Entscheidungen nicht am Gemeinwohl orientieren. Daraus spricht ein zutiefst undemokratisches Politikverständnis. Mark Schieritz
Seit Jahren steht die Angst vor den ausufernden Staatsschulden im deutschen »Sorgenbarometer« weit oben. Zu Recht, denn der Schuldenstand ist von 18 Prozent des BIP im Jahr 1970 auf heute 78 Prozent angestiegen. Bald jeder fünfte Euro eingenommener Steuern des Bundes geht für Zinszahlungen drauf. Der Grund dafür: Allzu oft hat die Politik in der Vergangenheit im Abschwung die Ausgaben erhöht, aber das Defizit im Aufschwung nicht wieder abgebaut. Diesem alten Muster, das aus der Funktionslogik des politischen Systems resultiert, schiebt die Schuldenbremse einen Riegel vor. Damit ist sie ein entscheidender Beitrag zu mehr Generationengerechtigkeit. Gut so! Gerade die Parteien der linken Mitte sind darauf angewiesen, dass das Leitbild eines handlungsfähigen Staates gesellschaftlichen Rückhalt besitzt. Wer die Schuldenbremse infrage stellt, unterminiert das Vertrauen der Bürger und macht sich politisch angreifbar. Stattdessen sollte das linke Lager darüber diskutieren, wie der Staat ohne neue Schulden mehr in die Infrastrukturen der Zukunft investieren kann. Michael Miebach
Wir wollen nicht auf Kosten unserer Kinder leben. Diesen Satz können ökologisch verantwortliche Linke unterschreiben und setzen sich entsprechend gegen den Klimawandel ein. Ist die Schuldenbremse die Übersetzung dieses Gedankens in die Haushaltspolitik? Die deutsche Version begrenzt die Neuverschuldung auf 0,35 Prozent der Wirtschaftsleistung. Dabei ist es völlig egal, was die öffentliche Hand mit ihrem Geld unternimmt. Ich kann die Schuldenbremse also erfüllen, in dem ich auf wichtige Investitionen zum Beispiel in neue Bahnstrecken oder Erneuerbare Energien verzichte, die sich zukünftig sowohl ökonomisch als auch ökologisch bezahlt machen. Diese totale Schuldenbremse verhindert Investitionen und kann eben nicht sicherstellen, dass wir nicht auf Kosten unserer Kinder leben. Je weniger Spielraum Politiker haben, desto weniger von unserem Geld können sie an Günstlinge verteilen - das ist letztlich die Losung der Befürworter. Gute Politik will aber gestalten und braucht dafür Vertrauen in die Integrität ihrer Akteure. Diese Schuldenbremse ist dagegen Ausdruck von Misstrauen und Politikverdrossenheit. Florian Kern
Staatsverschuldung ist ein weltweit relevantes Thema, das durch die Finanzkrise seit 2008 mancherorts bedrohliche Zuspitzungen erfahren hat; dies gilt insbesondere für die Euro-Zone. Da der Orientierungswert der Maastricht-Kriterien (max. 60 Prozent des BIP) nicht gegriffen hat, ist die Schuldenbremse ein vernünftiges Instrument, das linke Politik nicht unmöglich macht. Die Logik antizyklischer Finanzpolitik ist durchaus vereinbar mit der Schuldenbremse - zumal Ausnahmen für konjunkturelle und andere Notsituationen vorgesehen sind. Sie sollte helfen, die Abhängigkeit der öffentlichen Haushalte von den Finanzmärkten in Grenzen zu halten. Ein verantwortlicher politischer Umgang mit der Schuldenbremse muss allerdings beinhalten, dass die makroökonomische Bedeutung der Staatshaushalte einer breiten Öffentlichkeit bewusst und nachvollziehbar gemacht wird. Fatal wäre es, wenn das Missverständnis auf Dauer Verfassungsrang bekommen hätte, mit dem Staatsbudget müsse genauso umgegangen werden, wie mit dem Haushaltsgeld der schwäbischen Hausfrau. Philipp Wahnschaffe
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HAFTUNG
HEU
SCHÖNHEITEN
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