Mathieu Kassovitz Film La Haine von 1995 ist ein Meisterwerk im subtilen Spiel mit der Angst. Der Film erzählt 24 Stunden im Leben von drei Jugendlichen, Vinz (gespielt vom jungen Vincent Cassel), Saïd und Hubert in einer Pariser Banlieue. In der Nacht zuvor hatte es in der Vorstadt geknallt und die drei kommen durch Zufall in den Besitz einer Polizeiwaffe, die Vinz fortan sehr zum Ärger von Hubert bei sich trägt. Sie lassen sich kiffend treiben, fahren nach Paris, machen und haben Stress, werden (außer Vinz, der abhauen kann) von der Polizei festgehalten und fahren am nächsten Morgen wieder zurück in die Tristesse der Banlieue. Dort werden sie wieder durch Zufall von einer Polizeistreife aufgehalten, ein Polizist erschießt Vinz, woraufhin Hubert, der bislang noch ruhigste der drei, die erbeutete Waffe zieht und sie auf den Polizisten richtet. Saïd verfolgt die Szene mit weit aufgerissenen Augen und der Film endet mit einem Schuss in der schwarzen Leinwand.
Der Film ist krass und lustig zugleich, genau das macht ihn zum Meisterwerk. Das subtile Spiel mit der Angst richtet sich einerseits an das breite französische Publikum, das in dem, was die drei sympathischen Protagonisten tun, alle seine Vorurteile gegenüber den Horden aus der Banlieue bestätigt sehen kann – wenn es denn so will. Andererseits – und das ist viel krasser – zeigt er genau die Angst der Jugendlichen vor dem, was denn kommen soll. Huberts Stimme leitet den Film mit einer Geschichte ein, die diese Angst ebenso zum Ausdruck bringt wie Saïds weit aufgerissene Augen am Schluss: »Dies ist die Geschichte von einem Mann, der aus dem 50. Stock von ’nem Hochhaus fällt. Während er fällt, wiederholt er, um sich zu beruhigen, immer wieder: ›Bis hierher lief’s noch ganz gut, bis hierher lief’s noch ganz gut, bis hierher lief’s noch ganz gut…‹. Aber wichtig ist nicht der Fall, sondern die Landung!« Genau. Die Frage ist nur: Wann kommt der Aufprall? Und wie heftig wird er?