Das Online-Magazin zur Zeitschrift | HALBJAHRESMAGAZIN polar






polar #21: Gegen die Angst




EDITORIAL

 
Peter Siller/Bertram Lomfeld
Editorial


ZORN

 
Heinz Bude
Woher der Zorn?
Die »Abgehängten« und »Verbitterten« in der Gegenwartsgesellschaft
 
Fabian Gülzau
Unter Stress
Die Bildungspanik der Mittelschichten
 
Micha Brumlik
Identitäre Bezüge
Dugin, Evola und immer wieder Heidegger
 
Karsten Rudolph
Angst der/vor dem Bürger
Eine kritische Bilanz der Bürgerbeteiligung für die repräsentative Demokratie
 
Julian Krüper
Rechtsrisiko Angst
Gefahr, Risiko und Restrisiko als hochpolitische Kategorien
 
Lars Koch
Desiring Walls
Über das kollektive Imaginäre einer Architektur der Angst
 
Stefan Huster/Arnd Pollmann/Ulrike Meyer/Peter Siller
Ist es links? >Glück<
 
 

Sabine Bode

Wie lang sind die Schatten?

Was Generationen erben können


Kann es sein, dass German Angst damit zusammenhängt, dass 30 Jahre lang über die Schrecken von Krieg und Vertreibung öffentlich kaum gesprochen wurde? Wenn ja, wie mag sich das Verschweigen der Gewalterfahrungen in der Generation der Kriegskinder kulturell ausgewirkt haben? Welche Spuren zeigen sich im politischen Handeln und vor allem im Unterlassen? Wer sich mit der Frage befasst, wie und wo der Nationalsozialismus und der Zweite Weltkrieg bis heute nachwirken, begibt sich auf dünnes Eis. Man findet kaum gesicherte Antworten, keine zuverlässigen Zahlen, keine messbaren Ergebnisse, wie ein seriöses psychologisches Experiment sie vorzuweisen vermag. Dass die Deutschen kaum noch in der Familie oder im Freundeskreis zusammensitzen und singen, trifft zu. Dass im Kindergarten noch freudig Lieder gelernt werden, während in der Grundschule gemeinsames Singen immer seltener geübt wird, gehört ebenfalls zu den überprüfbaren Realitäten. Aber dass wir es hier mit einer Folge der nationalsozialistischen Unkultur zu tun haben, wie soll man das nachweisen angesichts so vieler Faktoren, die am Verschwinden von Traditionen beteiligt sind? Für den linken Barden Franz-Josef Degenhardt bestanden Ende der sechziger Jahre keinerlei Zweifel. In einem Lied beklagte er den Verlust des gemeinsamen Singens und die Vergiftung unserer alten Lieder, die »von braunen Horden zersungen« worden seien.

Ohne einigermaßen verlässliche Zahlen ist es äußerst schwierig, sich bei bestimmten gesellschaftlichen Phänomenen auf die Proportionen zu einigen. Ein Beispiel: das Auftauchen der Kriegskinder. Ihr Schicksal wurde 60 Jahre nach Kriegsende erstmals von der Öffentlichkeit wahrgenommen. Vorher hatten sie im gesellschaftlichen Bewusstsein keinen Platz. Den Hauptanstoß gab 2005 ein in den Medien vielbeachteter Kriegskinderkongress in Frankfurt. Daran nahmen 600 Zeitzeugen teil. Eine Redakteurin fragte mich, als wir über den Kongress sprachen, ob es sich hier nicht um ein Modethema handeln könne, und mir entfuhr der Satz: »Wer beschäftigt sich schon freiwillig mit so einer Scheißzeit!« [...]


 
Maja Bächler
Wie German ist die Angst?
Entstehungsgründe einer schillernden Redewendung
 
Susann Neuenfeldt/Simon Strick
Hallo Rom/Hallo Karthago: >In erschöpfter Umarmung<



ZUVERSICHT

 
Roland Schaeffer
Gegen eine Politik der Angst
20 Thesen zu einer menschenrechtsorientierten Sicherheitspolitik
 
Sabine Rennefanz
Links liegen gelassen
Die stille Wut der Wendegenaration
 
Frank Adloff, Sérgio Costa, Ina Kerner und Andrea Vetter
Eine gesellige Gesellschaft
Für eine neue Politik der Konvivialität
 
Christian Bommarius
Innere Sicherheit?
Das Recht im Griff der Angstpolitik
 
Simon Strick
Backlash
Trump und das Lachen der Angst
 
Isabella Helmreich
Zum Beispiel Freundschaft
Zur Stärkung unserer Widerstandskräfte
 
Deniz Sertcan
Der Fremde in mir
Von der postkonventionellen Abspaltung der eigenen Ängste
 
Lars Bullmann
Mein halbes Jahr: >Literatur<
Emil Angehrn – Klaus Heinrich – Franz Kafka – Johann Peter Hebel
 
Johannes von Weizsäcker
Mein halbes Jahr: >Musik<
Herbert Grönemeyer – Human Abfall
 
Matthias Dell
Mein halbes jahr: >Film<
Vor der Morgenröte – Casualties of War – Demain
 
Peter Siller
Mein halbes jahr: >Comic<



ZOMBIE

 
Daniel W. Drezner
Untote Tropen
Die Zombieapokalypse im öffentlichen Diskurs der USA
 
Hito Steyerl
Den Verstand fest verschlossen
Kunst im Zeitalter der Angst
 
Ina Kerner
Leben im Kapitalismus: >Gartenstadt im Krisengebiet<



SCHÖNHEITEN

 
Luisa Banki
Innen vor Außen
Psychologie und Bürgertum: Stefan Zweigs Novelle Angst
 
Ann-Charlotte Günzel
Beschwörungsformeln
Aufgeklebt: Mikael Mikaels Parole Show you are not afraid
 
Birthe Mühlhoff
Schädelbohrungen
Zwischen Hardware und Hard Facts: Die Serien Sense8 und Wayward Pines
 
Franziska Humphreys
Be Prepared
Psychose oder Sechster Sinn: Jeff Nichols Spiel mit der Angst in Take Shelter
 
Johannes Kleinbeck
Was heißt eigentlich Fliegen?
Über dem Abgrund: Werner Herzogs Die große Ekstase des Bildschnitzers Steiner
 
Elias Kreuzmair
Schmetterling, Bär und Känguruh
Produktive Angst: Blumfelds Testament der Angst
 
Christian Meskó
Vorstadthölle
Nazis in der heilen Welt: Philip K. Dicks The Man in the High Castle
 
Ulrike Meyer
(Un-)Tiefen der Angst
Schwarz-Rot-Goldenes Spiegelkabinett: Falk Richters FEAR an der Schaubühne Berlin
 
Christoph Raiser
Bis hierher
Ästhetik des Aufpralls: Mathieu Kassovitz’ Meisterwerk La Haine
 
Patrick Thor
Vor der Weltverschwörung
Die Verdünnisierung aller Probleme: Christian Krachts und Ingo Niermanns Metan


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