Die Monster der Comics können uns gewaltig Angst einjagen – und vermögen es zugleich, uns unsere Ängste zu nehmen oder zumindest mit ihnen umzugehen. Es ist erst die Bildgebung des Furchtbaren, die es uns ermöglicht, ihm zu entgegnen, es zurückzuweisen, eventuell sogar zu besiegen. So bringt es der Comic in der Visualisierung des Furchtbaren immer wieder zur Großmeisterschaft. Und legt die Entgegnung nicht selten bereits in ihr an: Das Monster, grotesk überzeichnet, alles andere als unfehlbar, der Lächerlichkeit preisgegeben.
Darüber hinaus ermöglicht uns der Comic besondere Möglichkeiten, mit den Bildern der Angst umzugehen. Wir können sie aufschlagen und uns in sie vertiefen, sie überschlagen und ignorieren, zurückblättern und sie wieder aufrufen, vorblättern und vorschauen . Wir können die Geschichten von vorne lesen oder von hinten oder uns in beide Richtungen bewegen. Mit anderen Worten: Im Comic stehen wir nicht ohnmächtig vor den Angstbildern, wie etwa die Heldin in Dario Argentos »Opera«, die ihre Augen nicht schließen kann. Vielmehr werden wir im Comic in einem stärkeren Maße zu Akteuren und Ko-Autorinnen und Autoren im Umgang mit dem Furchtbaren.
Die Angst vor dem Ende
Von den gruppendynamischen Effekten radikaler Angst berichtet uns seit geraumer Zeit The Walking Dead (Cross Cult) von Robert Kirkman und Charlie Adlard, dessen 25. Band gerade in deutscher Übersetzung erschienen ist. Der Mix aus Endzeit-Horror, Neo-Western und Kammerspiel zählt inzwischen zweifelsfrei zum Kanon der modernen Comicklassiker.
Eine noch wesentlich drastischere Darstellung »postapokalyptischen Lebens« führt uns Garth Ennis seit geraumer Zeit in der Reihe Crossed (Panini) vor. Nachdem bereits Autoren wie David Lapham, Jamie Delano oder Simon Spurrier mitgewirkt haben, betätigt sich nun Altmeister und Crossed-Fan Alan Moore (Watchman, From Hell, V for Vendetta) als Autor der Reihe Crossed + Einhundert (Panini), in der er eine eigenständige Geschichte erzählt, die 100 Jahre nach den bisherigen Ereignissen spielt. [...]