Wir leben in einer der sichersten Gesellschaften, die es je gab – und die rechtsstaatlichen Verfahren, durch die diese Sicherheit hergestellt wird, sind an den menschenrechtlichen Verpflichtungen des Grundgesetzes orientiert. Trotzdem stehen nicht die Gewinne an Lebensqualität oder die Leistungen der modernen Institutionen im Zentrum der Aufmerksamkeit. Stattdessen werden der Chor des Missvergnügens immer lauter und die Alarmrufe immer schriller. Dieser Politik der Angst sollte eine aktive, freiheitliche Sicherheitspolitik entgegengesetzt werden. Es geht darum, die demokratischen Institutionen zu stärken, auf neue Gefahren mit neuen Strategien zu antworten und die Gesellschaft an der Herstellung ihrer Sicherheit zu beteiligen.
1. Sicherheit ist ein Menschenrecht und ein zentrales öffentliches Gut.
Vgl. Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, Artikel 3: »Jeder hat das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person.« Ohne Sicherheit ist weder demokratische Selbstbestimmung noch eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung möglich.
2. Damit Sicherheit von Dauer sein kann, ist ein Konsens über die Garantie der Menschenrechte notwendig.
Alle müssen gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben beteiligt sein. Menschenrechtsverletzungen sind die zuverlässigsten Indikatoren für Instabilität und Unsicherheit.
3. Sicherheit ist ein Ziel, das entweder rational und mit die Bürgerrechte wahrenden Mitteln hergestellt oder aber ideologisch genutzt wird, durch symbolische Härte Verschiebungen des politischen Spektrums zu erreichen.
So lange sich im politischen Raum niemand findet, der eine freiheitliche und menschenrechtsorientierte Sicherheitspolitik entwickelt und glaubwürdig öffentlich vertritt, wird das traditionelle, konservative Sicherheitsmonopol weitergeführt.
4. Die menschenrechtlichen Prinzipien enthalten sowohl ein Konzept vom modernen Staat als auch von den einklagbaren Rechten des Individuums.
Sie sind ein gestaltendes Prinzip für eine vernünftige Ordnung, nach dem staatliche und gesellschaftliche Institutionen aufgebaut und weiterentwickelt werden können, und zugleich ein kritisches Prinzip, durch das die Rechte jeder und jedes Einzelnen gegen Staat und Gesellschaft verteidigt werden müssen. Sie sind also nicht »widerspruchsfrei«. Die Reibungspunkte müssen in und zwischen den Institutionen ausgetragen und durch Weiterentwicklung dieser Institutionen vermindert werden. Eine einfache »Lösung«, die Unterschiede in den Perspektiven und Rollen einfach einebnet, gibt es ebenso wenig wie in anderen Politikfeldern. Trotzdem hat der Bezug auf die Menschenrechte in den letzten Jahrhunderten dramatische Verbesserungen bei der Herstellung von Sicherheit ermöglicht – Fortschritte, die das Wohlergehen von Milliarden Menschen fördern und Regeln für die Lösung von Konflikten jenseits der Macht des Stärkeren setzen. [...]