Abseits der klassischen Institutionen der repräsentativen Demokratie hat sich längst ein weites Feld politischer Partizipation eröffnet, in dem sich zehntausende von Bürgern engagieren, neue Formen der Bürgerbeteiligung erobert und erprobt haben. Aus diesem Engagement sprechen allerdings nicht selten ein tiefes Misstrauen gegenüber der etablierten Politik und das Bestreben, das Handeln von Parteien, die Beschlüsse von Parlamenten und Stadträten und die Ergebnisse des Wählerwillens einzuhegen. In anderen Worten: Den meisten Formen politischen bürgerschaftlichen Engagements liegt der Versuch zugrunde, die Vox populi einerseits einzuhegen und andererseits zu veredeln. In genau diese Richtung zielt der Vorschlag von Patrizia Nanz und Claus Leggewie in ihrem neuen Buch Die Konsultative. Mehr Demokratie durch Bürgerbeteiligung (2016), ein System von Bürgerräten (»Konsultativen«) aufzubauen, durch das die repräsentative Demokratie ergänzt und deswegen gestärkt werden soll. Doch die beiden beiratserfahrenen Politikwissenschaftler gehen noch einen Schritt weiter. Sie möchten mit ihrem Modell die wachsenden populistischen Protestbewegungen gleich »mitzivilisieren«, um so das gesamte demokratische System über die obligatorische Auseinandersetzung mit drängenden Zukunftsfragen zu revitalisieren. Kann das gelingen?
Die legitimatorischen Probleme der Repräsentanz
Um es vorwegzunehmen: Angesichts derartiger Ambitionen ist der Vorschlag im Großen wie im Kleinen zum Scheitern verurteilt. Dies zeigt sich bereits beim legitimatorischen Problem der Repräsentanz, das sich natürlich auch bei der Auswahl der »Konsultativbürger« stellt, und durch eine »qualifizierte Zufallsauswahl« gelöst werden soll. Tatsächlich handelt es sich dabei um eine Form gelenkter Bürgerbeteiligung, die eben den reinen Zufall ausschließen möchte, um rund 20 halbwegs sachkundige, partizipationsorientierte und am Allgemeinwohl orientierte Bürger in einen Zukunftsrat zu hieven, der einem in gleicher, geheimer und freier Wahl zustande gekommenen Stadtrat zur Seite gestellt werden soll. Insoweit vertreten auch die Teilnehmer eines Zukunftsrats weder die gesamte Bürgerschaft einer Stadt, noch stellen sie sie dar. Darüber hinaus dürften sich die Anhänger der neuen globalisierungs- und kapitalismuskritischen Bewegungen einer derartigen, erheblich bürokratisierten Form der Bürgerbeteiligung kaum unterwerfen. Der linkspopulistische Bürgeraktivismus kann durch parastaatliche Zukunftsräte somit nicht aufgefangen werden. [...]