





polar #12: Eine für alle
EDITORIAL
VERSAMMLUNG
ZERSPLITTERUNG
UMGEHUNG
SCHÖNHEITEN
Christian Frühm American Dystopia Goddamn City: Dämonische Städte in der amerikanischen Literatur
| Anna-Catharina Gebbers Tonspuren Gegen das Vergessen: Memory Loops von Michaela Melián
| Leo Lencsés Nackte Stadt Schlecht ausgeleuchtet: Christopher Wools Künstlerbuch East Broadway Breakdown
| Jan Engelmann Gangster’s Paradise Raumausstatter im großen Haus: Die TV-Serie The Wire
| Christoph Raiser Reizüberflutung Trost für die Unverstandenen: Georg Simmels Die Großstädte und das Geistesleben
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Julia RothKein PlatzStadt als Spiegel: Tatjana Turanskyjs Eine flexible Frau | »Call Center?! – Ist ja voll asi!« knallt Gretas 12-jähriger Sohn ihr an den Kopf. Salz in die Wunden der 40-jährigen Greta (Mira Partecke), die nach einigen mehr oder weniger erfolgreichen Jahren als Berliner Architektin in die Prekarität abgerutscht ist. Nun muss sie sich mit Jobcenter- Beamtinnen, Callcenter-Vorgesetzten (die Architektin verkauft ironischerweise Fertighäuser) und Arbeitsamtvermittlerinnen herumschlagen. In der Hoffnung auf Beschäftigung als Freie startet Greta gleichzeitig eine Tour durch die befreundete Berliner Architektenszene. Hier wird jeder Zweifel an der neuen Leistungsgesellschaft, an Selbstausbeutung und Geschlechterungerechtigkeit gekonnt wegargumentiert. Auch passt ihr Lebensmodell – sie lebt getrennt, ihr Sohn wohnt beim Vater – nicht zu den typischen Architektenpärchen, wo sie – eine Hand am Latop, die andere am Designerkinderwagen – ein bisschen dazuverdient und ansonsten die Brut hütet.
Eine flexible Frau eröffnet einen erfrischenden feministischen und schmerzlich wahrhaftigen Blick auf die Welt einer Berliner Kreativszene, in der man sich längst entsolidarisiert und der eigenen Besitzstandswahrung verschrieben hat. Frau Lehmann hat im Berlin der Nullerjahre keinen Platz mehr und kaum Gleichgesinnte. Sie wandelt meist volltrunken durch eine entfremdete Stadt, fotografiert die Beton gewordene Gentrifizierung der schicken Townhouses in Mitte und Prenzlauerberg bis eine Bewohnerin sie vertreibt. Besonders schön: die Szene in der Greta sich nach dem Elterngespräch mit der Lehrerin ihres Sohnes besäuft, als beide feststellen, dass sie den Kleinen unsympathisch finden. Schlussendlich trinkt Greta mit der Jobcenterangestellten gegen das Elend eines Systems an, das überflüssige Menschen produziert, und diese dauerhaft ausschließt. Im Film sind Stadt- und Selbsterfahrung eng miteinander verwoben: Greta verkörpert zugleich die Prekarisierungsrisiken, von denen besonders Frauen betroffen sind, wie auch die sozial verheerenden Stadtentwicklungstendenzen von Berlin. In der Schlussszene tanzt Greta torkelnd über ein Maisfeld vor den Toren der Stadt. |

| Jörg Schaub Schön und unverzichtbar Ewige Wiederkehr des Allerneusten: Walter Benjamins Passagen-Werk
| Franziska Humphreys-Schottmann Raumschlacht Die Stadt der Städte: Fritz Langs architektonische Utopien in Metropolis
| Anna Sailer Santa Monica Pier Erinnerungsraum Los Angeles und Berlin: Christa Wolfs Stadt der Engel oder The overcoat of Dr. Freud
| Kerstin Carlstedt Müll und Menschen 12 Schicksale: Megacities – Michael Glawoggers Geschichten vom Überleben
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