





polar #12: Eine für alle
EDITORIAL
VERSAMMLUNG
Martina Löw »Jede Stadt ist ein Seelenzustand« Über städtische Vergesellschaftung und Identitätsanforderung
| Daniel A. Bell/Avner de-Shalit Civicism Plädoyer für ein Stadt-Ethos zwischen Kosmopolitismus und urbaner Partikularität
| Benjamin Steiner Zeitschichten Historische Überlegungen zur Zukunft von urbanen Räumen
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Christoph Twickel/Arnd Pollmann/Andrej Holm/Peter SillerIst es links?: >Gegen Gentrifizierung< | Ganz gleich ob Gewerkschaften, Linkspartei oder radikale Linke – links von der Mitte setzt man sich mit Gentrifizierung und Segregation bis dato viel zu verhalten auseinander. Gentrifizierung ist in Deutschland erst in dem Moment ein großes Medienthema geworden, als auch die Mittelschichten von ihr betroffen waren. Will heißen: Weil die, deren Protest Gehör bekommt, wie Akademiker oder Künstler aussehen, haftet dem Thema der Geruch des Wohlstandsproblems an. Aber das ist ein Fehlurteil. Tatsächlich ist Gentrifizierung ein zentraler Aspekt einer sozialen Transformation von oben: Die Städte sortieren sich in Gewinner- und Verlierer-Stadtteile und das Land in Gewinnerund Verlierer-Regionen. Diese Sortierung gewinnt in dem Maße an Fahrt, in dem sich die Politik aus der Raumfrage zurückzieht und die Städte dem Anlagekapital überlässt. Umgekehrt finden soziale Kämpfe zunehmend als Kämpfe um den Raum statt, um den Anschluss an die Netzwerke der Städte. Christoph Twickel
Als wir Kinder und noch voller Energie waren, zogen wir oft in den Wald, um »Buden « zu bauen: einfache Bretterverschläge, die inmitten des unkultivierten Dickichts wie Paläste wirkten und in denen wir uns ungeheuer avantgardistisch vorkamen. Wir hatten begonnen, den Wald zu gentrifizieren. Und als dann nach und nach die braven Wichte aus der Nachbarschaft kamen, um sich ins gemachte Nest zu setzen, dann war das Allerschönste: der im Blutrausch betriebene Abriss dieser Buden. Wir zogen weiter und suchten das Glück an einer anderen Lichtung. Und es wäre schon damals peinlich gewesen, sich über diese Vertreibung zu beschweren. Umso erbärmlicher wirkt heute die linke »Hasskultur« mit Blick auf Zugezogene, Touristen, Latte-Macchiato-Mütter. Sicher: Auch ich kriege zu viel, wenn der überstolze Vater im Café nicht einmal mehr den Fahrradhelm absetzt. Und auch die Argumente gegen die Vertreibung durch hohe Mieten sind mir bekannt. Aber kann man ernsthaft gegen die Instandsetzung verkommener Häuser sein, gegen die Eröffnung von Läden, die nicht nur Schrott verkaufen, die Durchmischung von Kulturen, Generationen, Schichten? Wer das Biotop zum Status Quo gefrieren lässt, lebt nicht links, sondern verkehrt. Arnd Pollmann
Die immobilienwirtschaftliche Inwertsetzung innerstädtischer Nachbarschaften gehört mittlerweile zum Standard der Stadtentwicklung und die Gentrification-Kritik gehört zum guten Ton jedweder stadtpolitischen Mobilisierung. Doch mit der Vermassung des Gebrauchs geht eine Banalisierung des Begriffs einher. Oft werden Oberflächenphänomene wie neue Läden, teure Autos und bildungsbürgerliche Lebensweisen in den Vordergrund der Auseinandersetzung gestellt. Der Begriff selbst wird vielfach als polarisierender Kampfbegriff eingesetzt und ist »zu einem dirty word für Immobilienentwickler, Politiker und Finanzakteure geworden« (Smith 2002: 445). Doch das Potenzial zum politischen Reizwort speist sich eben nicht aus der kulturalistischen und ästhetischen Kritik städtischer Veränderungen, sondern aus der Repolitisierung der ökonomischen Verhältnisse und ihrer sozialen Folgen. Ein Anspruch, dem sich auch und gerade die aufwertungskritischen Debatten stellen sollten. Andrej Holm
Die soziale Segregation unserer Städte schreitet voran – wie die unserer Gesellschaft. Hartz IV-Empfänger zu Hartz IV-Empfängern, Luxussanierung zu Luxussanierung; Spielothek zu Spielothek, Flagship Store zu Flagship Store. Das Problem an dieser Entwicklung ist aber nicht, dass sich soziale und kulturelle Milieus mischen und die Ruhe in der vermeintlichen Underdog-Idylle gestört wird, sondern, dass sozial Schwächere vertrieben werden und eine neue Milieu-Homogenität entsteht. Das Problem ist auch nicht der Hipster oder Kreative, dem der Cappuccino plötzlich nicht mehr schmeckt, weil ihn alle trinken wollen, sondern eine auseinanderfallende Stadtgesellschaft, in der die einkommensstarke Mittelschicht alles dafür tut, keinem anderen mehr über den Weg zu laufen. Gentrifizierung kann in einer ersten Phase durchaus dazu führen die soziale Segregation in Stadtteilen zu überwinden. Danach stellt sich die Aufgabe die erreichte soziale Mischung zu stabilisiern. Hier muss die Gentrifizierungskritik ansetzen. Peter Siller
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| Friedrich von Borries Paradoxale Mobilität Raumeroberung und Raumkontrolle durch Mobilität
| Walter Siebel Ordnung und Chaos Bedingungen der urbanen Stadt
| Ludger Schwarte Die Stadt, eine Volksversammlung Architektonische Bedingungen freien Handelns
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ZERSPLITTERUNG
UMGEHUNG
SCHÖNHEITEN
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