Das Online-Magazin zur Zeitschrift | HALBJAHRESMAGAZIN polar






polar #2: Ökonomisierung



EDITORIAL

 
Peter Siller, Bertram Keller
Editorial



STANDORT

 
Luc Boltanski
Leben als Projekt
Prekarität in der schönen neuen Netzwerkwelt
 
Hartmut Rosa
Speed
Von der zeitlichen Ăśberforderung der Demokratie
 
Stephan Schilling
Mikro schlägt Makro
Zur aktuellen Gefechtslage wirtschaftswissenschaftlicher GroĂźtheorien
 
Evelyn AnnuĂź
Race and Space
Eine Nahaufnahme aus dem Sudan
 
Eduardo Molinari
Der Fall Mosconi
Selbstorganisation in der argentinischen Provinz
 
Alexander Somek
Standortkonkurrenz
Wider den ökonomischen Nationalismus der Globalisierung
 
Stefan Huster / Stefan Gosepath
Kontroverse >Markt<
 
Interview mit Nancy Fraser
»Gegen den Trend«
 
Ina Kerner
Leben im Kapitalismus: >Kinderkriegen und aussteigen<
 
 

Bertram Keller / Ralph Obermauer / Thomas Schramme / Peter Siller

Ist es links? >Gleichheit<


Gleichheit ist Maßstab jedes Vergleichs. Wenn mehrere Menschen ihre Leben in einer Gemeinschaft koordinieren, werden Vergleiche notwendig. Einer Konzeption von Gleichheit entkommt so keine Politik, sei sie links oder rechts. Die Frage lautet: Welche Gleichheit ist gemeint? Fahrgast-Controller und Hygiene-Managerin entfliehen der zum Stigma gewordenen Klasse. Die linke Wertebasis hadert mit dem Selbstverständnis eines Obdachlosen als Ich-AG. Was bleibt, ist eine formale Festung: Links ist gleiche Gestaltungsmacht. Die Möglichkeit zur gleichen Beteiligung aller im Gegensatz zur konservativen Betonierung der Privilegien. Gleiche Freiheitsrechte und gleiche Partizipationsrechte ermöglichen einen autonomen Zugang zum Diskurs über weitergehende Verteilungsfragen. Kritik erfordert Zugang. Eine linke Politik muss politischen Zugang gewähren. Gleichheit meint reale politische Freiheit für alle.

Bertram Keller

 

Auch wenn der Gesamtoutput der betrachteten Gesellschaft ins Astronomische steigt und auch die Niedersten ihre Brötchen dabei verdoppelt kriegen: Man wird die Verteilung all dessen, was in dieser Gesellschaft etwas zählt, nicht vernachlässigen können. Worum auch immer gestritten wird: Geld, Zeit, Arbeit, Selbstverwirklichung, kulturelle Ausdrucksmöglichkeit, Verhandlungsmacht, Anerkennung - Differenzen, die als unverdiente Höhenunterschiede wahrgenommen werden, lassen nicht kalt. Hier reicht auch nicht die Gleichheit der »Chance« am Ausgangspunkt irgendeines »Wettbewerbs«, es zählt das Ergebnis, die realisierte Relation zu den anderen. Lebensqualität, Glück und Identität sind von sozialen Hierarchien tief geprägt. Nieder mit dem Vorwurf der »Gleichmacherei«! Wer Differenz nur als vertikale Statusdifferenz konstruieren kann, bleibt anthropologisch flach und verteidigt meist Privilegien. »Linke«, richtig verstandene Pluralität spricht von der horizontalen Kulturdifferenz.

Ralph Obermauer

 

»Alle Menschen sollten gleich viel zählen«. Das wird nicht mal von Rechten bestritten, sondern nur von Rassisten oder anderen Finsterlingen. Doch was folgt daraus? »Jedem sollte - soweit möglich - ein annähernd gleicher Lebensstandard zukommen«. Diese Form der Gleichheit verlangt einen Vergleich zwischen Personen. Je höher aber das Niveau, desto unerheblicher die Unterschiede, irgendwann wird es zur Nebensache, ob jemand mehr hat als ein anderer. Nicht die Ungleichheit ist schlecht, sondern die Tatsache, dass manche unter unwürdigen Lebensbedingungen zu leiden haben, obwohl sie durch Umverteilung genug haben könnten. Die Linke lebt nicht vom Ideal der interpersonellen Gleichheit, sie fordert vielmehr die allgemeine Ermöglichung gelingenden Lebens.

Thomas Schramme

 

Wenn »links« heißen soll, für den Anspruch auf Gerechtigkeit, Selbstbestimmung und Partizipation einzutreten, dann ist dieser Begriff in einer Zeit der geklonten Plastikwörter und Leerformeln aus den PR-Agenturen wichtiger denn je. Und wenn Gleichheit heißen soll: gleiche Anerkennung der unterschiedlichen Lebensentwürfe und damit gleiche Verwirklichungschancen für alle, dann brauchen wir dringend das Ideal der Gleichheit zur Bestimmung von Gerechtigkeit. Es kommt auf die Hinsicht des Gleichheitsmaßstabs an. Leider ist die Sache noch etwas komplizierter. Die Rücksichtnahme auf Handicaps und Lebensformen stößt in der politischen Sphäre an Grenzen. Deshalb legt die politische Philosophie zu Recht den Schwerpunkt auf das Ideal der Ressourcengleichheit. Außerdem kann Gerechtigkeit dort Ungleichheit verlangen, wo sie über den Markt zu einer Wertschöpfung führt, die wiederum den Schwächeren selbst zugute kommt. Deshalb: Gleichheit in bestimmter Hinsicht und Ungleichheit in anderer Hinsicht sind kein Widerspruch, sondern Teile der Forderung nach Gerechtigkeit.

Peter Siller




MEHRWERT

 
Joseph Vogl
Ein Spezialist der Anfänge
Was den ökonomischen Menschen ausmacht
 
Interview mit Eva Illouz
»Liebe jenseits des Marktes wäre grau und leer«
 
Michael Eggers/Martin Saar
Feindliche Ăśbernahme
Kunst, Kritik und Kapital
 
Bertram Keller
Die Vermarktung der Idee
Brauchen wir geistiges Eigentum?
 
Interview mit Ernst-Wilhelm Händler
»Sprache und Geld sind ungeheuer flexibel«
 
Björn Gottstein
So langsam wie möglich, bitte!
Die negative Ă–konomie der musikalischen Avantgarde
 
Thomas Schramme
Zweckimperialismus und Zweckvergessenheit
Arbeit und Ă–konomisierung
 
Julia Roth
Tango Argentino
Ein Streifzug durch Buenos Aires
 
Jan Engelmann
Blood Sugar Sex Magic
Leben mit chronischer Effizienz
 
Friedrich Breyer/René Röspel
Kontroverse >Organhandel<
 
Aram Lintzel
Mein halbes Jahr >Musik<
Honest Jon’s – Damon Albarn – Terry Hall – Vert
 
Peter Siller
Mein halbes Jahr >Literatur<
Wolf Haas – Heinz Havemeister – Alexander Pehlemann – Wolfgang Welt
 
Susanne Schmetkamp
Mein halbes Jahr >Film<
Ein Freund von mir – Sehnsucht – Der Himmel über Berlin – Les Quatre Cents Coup – The Shop Around The Corner – Die unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug



AUSVERKAUFT

 
Rahel Jaeggi
Die Zeit der universellen Käuflichkeit
Vermarktlichung als Problem
 
Gespräch zwischen Axel Honneth, Rainer Forst und Rahel Jaeggi
Kolonien der Ă–konomie
 
Anna LĂĽhrmann
Kapitalismus der Genossen
Sustainopolis. Ein Plädoyer für eine Politisierung der globalen Ökonomie
 
Barbara Bleisch/Regina Kreide
Ohne Klo kein blaues Gold
Wasser zwischen Wirtschaftsgut und Menschenrecht
 
Kathrin Töns
Sollen wir Humboldt vergessen?
Zur Ă–konomisierung der Hochschulpolitik
 
Martin Saar
Bildpolitik: >Vorsicht Kamera<
 
Aram Lintzel
Sinncontainer: >Nachhaltigkeit<



SCHÖNHEITEN

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