Das Online-Magazin zur Zeitschrift | HALBJAHRESMAGAZIN polar






polar #7: Ohne Orte



EDITORIAL

 
Peter Siller, Bertram Keller
Editorial



KURS

 
Peter Siller
Ohne Input kein Output
Eine Inspektion unserer Demokratie
 
Christoph Möllers
Vom Leiden an der Demokratie
Einige Irrtümer im Umgang mit demokratischen Ordnungen
 
Etienne Balibar
Klassenkampf um die Demokratie?
Zur historischen Dialektik von Demokratie und Bürgerschaft
 
Interview Nicole Deitelhoff/Rainer Forst/Stefan Gosepath/Christoph Menke
»Das aufgelöste Rätsel aller Verfassungen«
 
Hubertus Buchstein
Gehen Sie über Los!
Das Zufallsprinzip als demokratisches Lebenselixier
 
Interview Axel Bruns
»In der Open-Source-Demokratie wartet man keine Einladung ab«
 
Christoph Egle, Stefan Huster, Arnd Pollmann, Peter Siller
Ist es links?: >Direkte Demokratie<
 
Carsten Herzberg/Anja Röcke/Yves Sintomer
Mehr lokale Demokratie wagen
Möglichkeiten und Grenzen des Bürgerhaushalts
 
Neue Berliner Sprachkritik
Der wahre Text: >Antragsübersicht<



KAMPF

 
Christian von Soest
»Bring mir mein Maschinengewehr«
Die Einkehr der Ernüchterung in Südafrikas Demokratie
 
Karl Wiezorek
Trauerblumen auf den Platz des Himmlischen Friedens
Stagnation und Aufbruch in China
 
Soe Tjen Marching
Entstellter Sinn
Höhen und Tiefen im indonesischen Demokratisierungsprozess
 
Regina Kreide
Motor und Bremse
Demokratisierung in Zeiten der internationalen Verrechtlichung
 
Christoph Raiser
History Repeating
Wie das System Berlusconi sich Italien einverleibt
 
Roman Deckert/Anja Wollenberg
Wählen gehen
Erfahrungsberichte aus dem Sudan und dem Irak
 
Interview Thomas Krüger
»Zu Mittätern werden«
 
Rudolf Speth
Von Mensch zu Mensch
Grassroots-Campaigning als Strategie im Bundestagswahlkampf
 
Robin Celikates/Hilal Sezgin
Die Freiheit der Barbaren
Warum eine Demokratie Ausländern das allgemeine Wahlrecht gewähren muss
 
Matthias Dell
>Film<
Katrins Hütte – Im Glanze dieses Glückes – Letztes Jahr Titanic – Kehraus – Material
 
Julia Roth
>Literatur<
Münkler – Kowalczuk – Obama –Morrison
 
Johannes von Weizsäcker
>Musik<
Health – Mika Miko – The Mai Shi



KONVENT

 
Anna-Catharina Gebbers
Der Agora-Effekt
Von der neuen Zusammenkunft in der Kunst
 
Paula Marie Hildebrandt
Die Politikflüsterer
Vom Mehrwert des Unverwertbaren
 
Interview Rita Thiele
»Künstlerische Begabung ist kein Gut, das demokratisch verteilt wird«
 
Bonnie Honig
Die Chancen der Demokratie
Slumdog Millionaire und die Logik des globalen Kapitalismus
 
Stephan Ertner
Gehorsam und Auseinandersetzung
Demokratie als Aufgabe der Schulentwicklung
 
Martin Saar
Bildpolitik: >Ort der Demokratie<
 
Ina Kerner
Leben im Kapitalismus: >Demosex<



SCHÖNHEITEN

 
Arnd Pollmann
Tyrannei der Schönheit
Demokratie als Beauty-Farm: Tocqueville, Vian und die ästhetische Chirurgie
 
 

Oliver Kohns

Rot/Weiß

Nachbarschaft, Rassismus, Völkermord: John Hustons The Unforgiven


Ein Film über Demokratie ist The Unforgiven (USA 1960, dt.: Denen man nicht vergibt) nicht. Aber es ist ein Film über Rassenhass, Völkermord und darüber, wie die ihrem Anspruch nach weltweit vorbildliche Demokratie der Vereinigten Staaten von Amerika ihre blutige Geschichte verdrängen konnte. Im Jahr 1960 – als politischer Kontext ist der Sieg über Nazi-Deutschland sowie der Kalte Krieg vorzustellen, von den USA geführt im Namen von Demokratie und Freiheit – zeichnet John Hustons Film ein verstörendes Bild von der Geschichte des Landes: Die Auseinandersetzung zwischen »Weißen« und »Roten« in THE UNFORGIVEN ist ein blutiger Völkermord an den »Indianern«. Die Handlung: Ein seltsamer alter Mann, Abe Kelsey, bedroht das anfangs idyllische Leben der Familie Zachary durch seine Aussage, die Tochter des Hauses, Rachel (Audrey Hepburn), sei eine als Säugling aufgelesene Indianerin. Rachels Mutter tötet Kelsey, weil er – wie sie später einräumt – die Wahrheit gesagt hat. Nachdem ein Angriff der Kiowas abgewehrt wurde, ist der Weg frei für Rachels Hochzeit mit dem Adoptivbruder Ben (Burt Lancaster). Der Film inszeniert die jeder politischen Ordnung vorgeordnete Frage: Wer ist Teil des Sozialen? Das Freund-Feind-Schema der Siedler – die »Roten« müssen sterben, damit die Welt der »Weißen« eine neue wird – gerät außer Kontrolle, als Rachels Identität zweifelhaft wird; die Nachbarn und der Bruder Cash gehen auf Distanz. Abgründe werden sichtbar: der Massenmord an dem Indianerclan, dem Rachel entstammt (»We killed / and we killed / and we had to lay down tired of the killing«, erinnert sich der alte Mann), das quasi-inzestuöse Begehren zwischen Rachel und Ben, der Mord Rachels an ihrem leiblichen Bruder, die Tötung des letzten Zeugens der Familiengeschichte. Zur prekären Sichtbarkeit der ethnischen Identität Rachels passt, dass Audrey Hepburn keineswegs wie eine Indianerin aussieht, eher wie die bezaubernde Natascha aus War and Peace, die sie 1956 spielte: Die Darstellung des Mords an Amerikas Ureinwohnern kommt ohne diese aus. John Hustons Film übernimmt gewissermaßen die Rolle, die im Film der unheimliche alte Mann spielt: Er erinnert an das Blut, das vergossen und vergessen wurde, um die Ordnung der Gegenwart zu errichten.

The Unforgiven
USA 1960
Regie: John Huston; Darsteller Burt Lancaster, Adrey Hepburn


 
Johannes Kambylis
Das Steppenschwein
Anarchische Kapriolen: Die Kronenklauer von F. K. Waechter und Bernd Eilert
 
Susann Neuenfeldt/Simon Strick
Die ewige Stadt
Auf Bruch: Brecht/Müller in der JVA Tegel
 
Christoph Raiser
Wie dem auch sei
Zeit für eine Neuauflage: Das Europäische Parlament
 
Julia Roth
Fragiler Sieg
Abortion Democracy von Sarah Diehl
 
Martin Roussel
Eine gute Idee
»Democracy don’t rule the world«: Dylans 83er-Album Infidels
 
Daniel Ulbrich
Blutwurst
Herr Demos und seine Sklaven: Aristophanes’ Die Ritter
 
Jens Friebe
Hammer
Auf verlorenem Posten: Im Baumarkt mit Slavoj Žižek
 
Anja Höfer
Nicht echt
Talk to end all talk: Christoph Schlingensiefs Die Piloten


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