»Irokesen!«, sagte der Fahrer, und wollte wissen, was ich bei denen wolle. Ich saß im Taxi Richtung Berliner Gropiusbau, zur Ausstellung »Auf den Spuren der Irokesen«. Die Irokesen seien interessant, sagte ich, allein schon wegen ihres politischen Systems, einer großen, intern befriedeten Konföderation von sechs Nationen. »Politisches System«, meinte der Fahrer, das müsse man bei uns auch endlich mal verbessern. Den kleinen Leuten, zu denen auch er selbst gehört, ginge es immer schlechter. Oben alle wegbomben solle man, und dass er die RAF gut fände - nur gebe es sie eben nicht mehr. Ob das Bomben was Positives bewirken würde, und falls ja, was, wollte ich wissen. Es seien Denkzettel, entgegnete der Fahrer.
Ich dachte noch über die Konföderation und das Verhältnis von Mittel und Zweck nach, da waren wir schon am Ziel. Die Ausstellung entpuppte sich als Potpourri angerissener Details, mit vielen alten Mokassins in Vitrinen. Aber auch ein paar Karten und Grafiken gab es, und mir wurde klar, dass es ein Irokese gewesen sein muss, mit dem ich vor ein paar Jahren mal am Tresen einer Hotelbar in Upstate New York stand. Er genehmigte sich einen Drink, weil er bereits am Frühabend sein gesamtes Spielgeld verloren hatte. Im Casino, der wichtigsten Einnahmequelle vieler Städte auf US-amerikanischem Reservatsgebiet, und so auch von Salamanca, wo wir am Tresen standen. Der glücklose Spieler war Zigaretten-Vertreter, und zwar für Skydancers, einer Seneca-Cayuga Marke, die in den Reservaten steuerfrei verkauft und mithin günstig geraucht werden kann. Die Irokesen haben noch andere Zigaretten: Herons zum Beispiel und Senecas, außerdem All Natural Natives mit den Sorten Full Flavor, Lights und Menthol. Die Smokin Joes® haben einen Männerkopf mit Federschmuck auf der Hülle, wie man ihn aus den Winnetou-Filmen von den »Häuptlingen« kennt. Aber nicht alle tribal brands zitieren Bilder, die in Europa längst zur Indianerkarikatur geworden sind; Six Nations Manufacturing bringt auch eine Marke heraus, die Native Pride heißt. Der Tabak kommt in der Regel aus North Carolina - das Geschäft mit den tribal brands läuft gut. »Für 200 Jahre haben wir es mit der Armut versucht. Dann haben wir uns entschieden, es mit etwas anderem zu probieren«, zitierte die New York Times im Februar 2012 Ray Halbritter von den Oneidas. Dass die tribale Zigarettenproduktion umstritten ist, versteht sich da fast von selbst: die traditionelle Tabakindustrie beklagt Umsatzeinbußen, dem Staat New York entgehen Steuereinnahmen. Als vor ein paar Jahren ein Gesetzesentwurf diskutiert wurde, nach dem der Verkauf der steuerfreien Zigaretten an nicht-tribale Raucher_innen verboten werden sollte, hagelte es entsprechend Protest; ein Führer der Senecas nannte den Vorstoß einen kriegerischen Akt und »ökonomischen Terrorismus«. [...] |