Gevögelter Müll, gequälte Katzen, Sex mit geistig Behinderten - Harmony Korines Filme zeigen diese Dinge, ausdauernd und unkommentiert. Wenn es sich dabei um das Eingemachte und den Bodensatz der amerikanischen Gegenwart handelt, so ist er hier weder dokumentarisch noch kunstvoll verpackt. Denn Korine verweigert jedes Entgegenkommen.
Harmony Korine ist nicht leicht zu fassen. Er bewegt sich mit seinem Werk nämlich - in beinahe konzeptueller Absicht - zwischen beiden Polen: Kino als Kunst und Kino als Teil der Kulturindustrie. Zu letzterer haben seine Filme ein - wenngleich programmatisch ungeklärtes - Verhältnis. Programmatisch ungeklärt soll heißen: Korine sucht die Aufklärung dieses Verhältnisses nicht, sondern stürzt sich ins Getümmel. Er meidet nicht den Kontakt, sondern sucht ihn, aber in Formen, die zwischen Mimikry und Konfrontation ungeklärt und womöglich unklärbar, also genuin ambivalent, schwanken. Während Korine in seinen Filmen bis zu »Trash Humpers« (2009) seine drastischen Americana in bewusst räudigen Formen präsentiert, bewegt er sich mit »Spring Breakers« (von 2013) bewusst ins Herz oder im Herzen der amerikanischen Populärkulturindustrie. Drastik spielt in beiden Fällen eine Rolle, vielleicht sogar dieselbe, aber gerade die gezielte Rekontextualisierung ist dabei das Interessante.
Erzählt wird in »Spring Breakers« vom Ausflug dreier Teenagerinnen in die Feiermeile der Strände Floridas während Spring Break. Dort erleben sie Rausch, Gewalt, Alkohol, Sex und Crime und begegnen einem kriminellen Bling-Bling-Typen aus dem Klischeebilderbuch. Der eigentliche Coup ist die Besetzung: Als eines der Mädchen hat Korine Selena Gomez gecastet, On- and Off-Freundin von Justin Bieber und Star der bunten, kitschigen Serien für Kids des amerikanischen Disney Channel. Daneben steht schroff als Gangster James Franco, der große Trickster der amerikanischen Gegenwartskultur, Nervensäge, Hassobjekt, Künstler, Sexiest Man Living, Schriftsteller, Regisseur, Star und vor allem der Mann, der zwischen den kulturellen Subsystemen, Milieus und Rollenzuschreibungen geradezu nach Belieben wechselt. [...]
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