In der ersten Szene des Films Zero Dark Thirty von Kathryn Bigelow trägt die Agentin Maya einen dunklen Blazer, passend für einen Büroalltag. Er wirkt merkwürdig fehl am Platze, denn ein Teil ihrer Jobbeschreibung beinhaltet die Befragung von Gefangenen unter Folter. Als geklärt ist, dass der Gefolterte Ammar das Geheimgefängnis nicht mehr verlassen wird, verbirgt Maya ihr Gesicht nicht mehr unter einer Strumpfmaske. Sie kann ihrer Arbeit in der Folterkammer in der gleichen Kleidung nachgehen, wie sie sie auch während der unzähligen Stunden am Computer auf der Suche nach Osama bin Laden trägt. Dieser Aspekt steht sinnbildlich für die Normalität der Folter als integrativer Bestandteil von Mayas Arbeitsalltag und der Alltäglichkeit von Drastik in der Folterdarstellung selbst. Der Film Zero Dark Thirty aus dem vergangenen Jahr hat vor allem wegen seiner Folterdarstellungen weitreichende Beachtung gefunden. In den USA schien den Einen der Film die Regierung Barack Obamas und sein Vorgehen in der tatsächlichen Tötung von Osama bin Laden zu stützen. Andere sahen darin eine herbe Kritik an der Arbeitsweise der CIA. Der Film hat mehr mediale Aufmerksamkeit bekommen, als irgendein anderer Film, in dem Folter vorkommt, was um so mehr erstaunt, da in Filmen wie Syriana (2005) oder Body of Lies (2008) zum Teil deutlich gewalttätigere Folterszenen gezeigt werden. Warum ruft der Film ein derartiges mediales Interesse hervor? Was unterscheidet ihn von vorher gedrehten Filmen, in denen gefoltert wird? Und wieso hat Folter als Mittel drastischer Gewaltdarstellungen ausgedient?
Henker und Opfer
Slavoj Ĺ˝iĹľek hat in Reaktion auf den Film Zero Dark Thirty nach der Intention dieser Produktion und besonders der Folterdarstellung gefragt. Er kommt zu dem Schluss, dass hier graduierlich an der Normalisierung der Folter gearbeitet werde. Für den Zeitraum zwischen 1979 bis 2009 kann in Übereinstimmung mit Ĺ˝iĹľek tatsächlich von einem Normalisierungsprozess in Hinblick auf die Inszenierung von Folter in US-amerikanischen Kriegsfilmen gesprochen werden. In diesem Zeitraum können Entwicklungen nachgezeichnet werden, die - gerade in der Gegenüberstellung von US-amerikanischem und »islamisch-arabisch« markiertem Counterpart - tatsächlich von einer Normalisierung bzw. besser von einer Veralltäglichung der Folter erzählen. Diese Verwischung der Grenzen zwischen Ländern, Ethnien und Glaubensrichtungen findet in den Filmen regelmäßig unreflektiert statt und ist Teil von Orientalisierungsprozessen, daher wird von der Markierung der Person als »islamisch-arabisch« ausgegangen. In meiner im April 2013 erschienen Studie, die sich auf US-amerikanische Kriegs- und Terrorismusfilme aus der Zeit zwischen 1979 und 2009 fokussiert, steht die Inszenierung eines Ausnahmezustands, der zur Regel wird, im Vordergrund. In den Filmen dieses Zeitraums bilden die Folterszenen Kulminationspunkte des Kulturkontaktes zwischen US-Amerikanern*innen und ihren islamisch-arabisch markierten Gegenübern. Die Situation der Folter erlaubt Kommunikation zwischen den Gegnern, die im Kriegsfilm sonst eher etwas kürzer gerät, die aber zugleich durch die Folter im Keim erstickt wird. Sie bleibt innerhalb der Genres jedoch ein herausragendes Element, dessen Unvorstellbarkeit vorstellbar gemacht wird und dennoch als grausame Methode in ihrer Singularität bestehen bleibt. Die Veralltäglichung der Folter findet sukzessive durch Kameraführung und Einbettung der Folter in die jeweiligen Narrative statt. Sie intensiviert sich nach 9/11 in ihrer Detailtreue und Quantität. So wird schrittweise der Ausnahmezustand in seiner Exzeptionalität negiert und seine Permanenz als Normalität implementiert. Die UN-Convention Against Torture von 1984 erfährt somit eine filmische Relativierung und wird erneut zur Diskussion gestellt. [...]