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Johannes KleinbeckDer ÜbermalerDas Neue auf der Stelle: Die Kunst Arnulf Rainers |
Lässt sich das Neue in der Malerei in der Bewegung des Fortschritts beschreiben? Gewiss, auch in der Malerei gibt es einen ungebändigten Drang nach neuen Formen, eine unbeirrte Suche nach dem, was noch nicht da gewesen ist. Der österreichische Maler Arnulf Rainer zeigt jedoch, dass dieses Bestreben gerade nicht im Sinne des Fortschritts zu denken ist. Bei ihm handelt es sich aber ebenso wenig um eine Rückbesinnung auf eine formale Tradition, Kraft derer sich die Malerei ihrer Erscheinungsformen versichert. Bei Arnulf Rainer gibt es zwei künstlerische Verfahren: das Verdecken und die Reduktion. Diese Verfahren verlaufen jedoch nicht in eine einseitige Richtung, sie überkreuzen sich und fallen in ihrem Äußersten zusammen: Das Übermalen der fotografischen Portraits aus den siebziger Jahren legt die Kraftlinien der Fotografien offen. Hier ist das Verdecken eine Reduktion auf den Ausdruck des Portraitierten. Dadurch drängen die Züge des Gesichts jedoch zu einer eigenen Dynamik von Farbe, Linie und Fläche, die das Erscheinen einer individuellen Person nur noch in erschreckender Beiläufigkeit mit sich führen.
Anders in den Tusche-Arbeiten, in denen Rainer eigene frühere Arbeiten aus den fünfziger Jahren übermalt hat. Die schwarzen amorphen Flächen verdecken das, was im Titel weiterhin konkret genannt ist. Das Verdeckte reduziert sich so auf ein Verhältnis von Schwarz und Weiß und tritt nur noch als ein vager Flächenumriss hervor. Und dennoch ist es hier gerade die Unkenntlichkeit, die in der Reduktion auf die Fläche den Dingen die Kraft ihrer Anwesenheit verleiht. Besonders faszinieren die Arbeiten aus den sechziger Jahren, in denen Rainer mit auf weißem Grund liegendem Transparentpapier arbeitet. Was verdeckt man, wenn man eine Durchsichtigkeit übermalt, die nichts zeigt? Die überdeckenden Formen reduzieren sich hier auf sich selbst und decken damit die Malerei in ihrem Wesen als ein Verdecken auf. Das Neue, das in dieser Malerei geschieht, lässt sich nicht als ein malerischer Fortschritt beschreiben. Rainers neuer Stil zeigt sich nicht in Formen, die noch nie da gewesen sind. Mit dem Verfahren des Verdeckens und der Reduktion konzentriert sich diese Malerei allein auf das, was bereits ist. Ohne Fort- oder Rückschritt, sondern auf der Stelle ereignet sich hier eine neue Form. |

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