





polar #9: Fortschritt
EDITORIAL
AUFKLÄRUNG
AUFBRUCH
AUFGABE
Juliane Rebentisch Wider die ästhetische Regression Kunstkritik jenseits von Differenzfetischismus und Retro-Modernismus
| Thomas Biebricher Backbeat Revolution Geschichte wird gemacht: The (International) Noise Conspiracy
| Metin Genc Ein Detektor ist ein Detektor ist ein Detektor Literarisches vom Standpunkt der Zeit
| Barbara Holland-Cunz Unerledigte Utopie Zur Renaissance der 1970er Jahre – kulturindustriell und utopisch
| Gabriele Dietze Der okzidentalistische Geschlechterpakt Emanzipation als uneingelöstes Versprechen
|
 |
Martin SaarBildpolitik: >Vorwärts< | In Kulturen, deren Texte von links nach rechts gelesen werden, scheint es selbstverständlich, dass die räumliche Darstellung zeitlicher Prozesse einen Rechtsdrall hat: Zeitpfeile zeigen immer nach rechts, weil es dort weiter geht. Der Pfeil als allgemeines Vorwärtszeichen lässt sich noch weiter dynamisieren durch seine Verwandlung in einen Blitz, der, gewissermaßen als elektrischer Pfeil, die energetische Übertragung von einem zum anderen Punkt im kurzen Moment der Entladung herstellt, instant progress.
Diese Konnotation des Blitzes als Zeitpfeil macht sich eine Begleitillustration einer Ankündigung zunutze, mit der die amerikanische Nationalgarde auf ein Programm für Armeeangehörige hinweist. Das eintägige Flash Forward Resiliency Training Program soll nach schwierigen Kampfeinsätzen und nur schwer zu bewältigenden Stressphasen die physische und psychische Leistungsfähigkeit und Widerstandskraft stärken. Das Programm richtet sich speziell an Führungskräfte und will diese in die Lage versetzen, die Techniken zur Steigerung der Leistungs- und Widerstandskräfte kennenzulernen und weiterzugeben, wobei auch die wichtige Rolle der Familien der Streitkräfte betont wird.
Man könnte aber daran zweifeln, dass hier Bild und Text dasselbe zeigen und sagen. Das eher psychologisch angelegte Programm selbst versteht den dringend nötigen Prozess der Aufarbeitung von Problemen und das Fitmachen für die nächsten Einsätze als heilenden Fortschritt. Sein Zeichen dagegen setzt hier eine blitzhafte Entladung von Energien in Szene, die weniger Schwäche voraussetzt als unbändige Potenz.
Aber kann man den Blitz (der militärischen Leistungsfähigkeit) wirklich bezähmen, lenken oder gar reiten, wie es der Schriftzug »leaders« bildlich zu versuchen scheint? Und können die »families« wie im Bild wirklich die Entladungsrichtung stützen und in die richtige Bahn leiten? Und können Blitze überhaupt aus dem Boden herauswachsen statt in ihn einzuschlagen, wie es das offensichtlich der Comic-Ikonographie entlehnte Zeichen andeutet? Vielleicht ist das Bild ehrlicher als die Rhetorik, die es begleitet, und zeigt an, dass der Blitz des Krieges mehr zersprengt als sich je wieder heilen lässt. |

| Ina Kerner Leben im Kapitalismus: >Fortschrittskontrollen und Post-Development<
| Susann Neuenfeldt/Simon Strick Hallo Karthago/Hallo Rom: >Reck Deine Glieder<
|
SCHÖNHEITEN
Tim Caspar Boehme Zurück Pioniere der De-Evolution: Devo
| Johannes Kleinbeck Der Übermaler Das Neue auf der Stelle: Die Kunst Arnulf Rainers
| Frieder Vogelmann Moderne Zeiten Das Formlose in Permanenz: Ahmet Hamdi Tanpinars Das Uhrenstellinstitut
| Anna Sailer Abseits Bewegung im Stillstand: Junges mexikanisches und deutsches Kino
| Julia Roth Kumbia, Nena! Punk Tropical: Kumbia Queers als genderpolitische Avantgarde
| Franziska Schottmann Irrwitz Vom Absurden lernen: William Kentridge im Jeu de Paume
| Martin Saar Gemeinsames Glück Unverschämt optimistisch: Hardt und Negri über das Gemeinsame
| Kerstin Carlstedt Gebannte Welt Horror als Modernitätsverweigerung: M. Night Shyamalans The Village
| Thomas Schramme Sprungzone Zeitverschiebung: Billy Braggs Waiting For The Great Leap Forwards
| Luisa Banki Der Fortschreiter Unterbrochene Geschichte: Walter Benjamins Denkbild In der Sonne
|
|

nach oben

|
|
 |
|