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polar #9: Fortschritt



EDITORIAL

 
Peter Siller, Bertram Keller
Editorial



AUFKLÄRUNG

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AUFBRUCH

 
Petra Hauffe/Judith Karcher
Stillstand ist der Tod
Worauf beruht das Postulat des steten Wachstums?
 
Isa Jahnke/Dorothea Voss-Dahm
Ambivalente Wirkungen
Digitale Demenz versus Kreativitätspotenziale
 
 

»Die Idee des Virtuellen ist zerplatzt«

Interview Geert Lovink


500 neue Freunde, keiner da. Ist die Beteiligungskultur, wie sie sich in sozialen Netzwerken zeigt, tatsächlich ein Garant für neue Öffentlichkeiten? Im Gespräch mit der australischen Kuratorin Victoria Lynn warnt der niederländische Medientheoretiker Geert Lovink davor, eine netzkritische Haltung vorschnell aufzugeben. Insbesondere Künstler müssten sich technische Expertise aneignen, um das Netz auf spielerische Art und Weise zu nutzen.

Victoria Lynn: Was sind für Sie die kritischen Aspekte von Web 2.0?

Geert Lovink: Eine drängende Frage stellt sich durch die Ideologie der »Beteiligungskultur «. Bekanntermaßen wird das ganze Potenzial nur von zehn Prozent aktiv genutzt und von diesen zehn Prozent haben wiederum nur zehn Prozent eine einflussreiche Stimme. Daher ist es eigenartig, das Netz mit demokratischen Ansprüchen zu belegen. Vielmehr ist Web 2.0 postrepräsentativ. Ein anderer Aspekt liegt in den verborgenen – und zugleich unverborgenen – Machtbeziehungen zwischen den Menschen: Wie kann der individuelle Nutzer – der Theorie nach – an einer dezentralisierten und quasidemokratischen Struktur teilhaben? Zwar sind uns die Behauptungen der »Technik-Evangelisten« bekannt, aber wie verhält es sich damit in der Realität? Worin bestehen die eigentlichen Machtspiele, die dort ablaufen? Worin bestehen die kommerziellen Interessen? Welche Rolle spielen der Staat und die neuen Zensurformen? Worin bestehen die neuen Einhegungen, gleichsam die neuen »eingemauerten Gärten«? Inwiefern ist eine lebendige öffentliche Debatte möglich, wenn jeder dein »Freund« ist? Diese Unbefangenheit der Kommunikation entsteht mit der sogenannten Ideologie des Vertrauens. Vertrauen ist ein wichtiger Faktor, besonders beim E-Commerce, und verwandt mit der ganzen Sicherheitsrhetorik. Dieser Zusammenhang bedeutet, dass ein Großteil dieser »offenen« Netzwerke abgeriegelt wird, die somit faktisch das komplette Gegenteil von offenen Netzwerken darstellen. Sie fungieren als Einhegungen. Diese Informationsarchitekturen zielen darauf ab, Außenseiter auszugrenzen. Deren Teilnehmer sind sehr darum bemüht, sich selbst zu managen, auf der Suche nach stetiger Selbstbestätigung, im Versuch, ihr verplantes Leben in den Griff zu bekommen. Sie müssen sich vor der Überfülle an Informationen, Dateien, Eindrücken und Einladungen schützen. Mit anderen Worten: Diese Tools gestalten die »persönliche Informationsautonomie« und arbeiten einer positiven Betrachtungsweise von Plattformen zu, nach denen die meisten Nutzer süchtig werden. Sie schauen permanent nach Updates und danach, was andere so treiben – allein deshalb, weil sie dazu in der Lage sind.

V.L.: Sind diese Suchtformen und Bedürfnisproduktionen der Grund dafür, dass die virtuelle Welt der Beteiligungskultur im Netz das Leben in der realen Welt zu beeinflussen beginnt?


G.L.: Das denke ich nicht. Beim Web 2.0 geht es um die Verknüpfung der realen und der virtuellen Welt. Sie stehen sich nicht länger gegenüber. Anvisiert ist eine Synergie des real existierenden sozialen Lebens mit dem beschriebenen Umfeld. Das zielt darauf ab, Werte von dem eigenen intimen Umfeld und den persönlichen Beziehungen zu abstrahieren. Es wurde noch nicht nachgewiesen, dass es sich um neue Formen handelt, die Web 2.0 hervorbringt. Man könnte auch sagen, dass es neue soziale Kontexte in Situationen des realen Lebens initiiert. Der dritte Körper, der aus einer uns umgebenden Datenwolke besteht, wird real. Anders als die Cyber-Propheten vorhersagten, handelt es sich nicht um virtuelle Realität da draußen, in die wir eintreten. Die Entwicklung ist in die entgegengesetzte Richtung gegangen, hin zu immer kleineren Geräten. Soziale Netzwerke sind ehrlich bezüglich ihres Zwecks. Sie behaupten nicht, dass man dort neue Leute kennen lernt. Dafür gibt es spezielle Dienstleistungen wie Onlinepartnerbörsen. Unternehmen, die soziale Netzwerke betreiben, wissen aus Forschung, dass sie wie Parasiten die existierenden sozialen Beziehungen ausbeuten müssen, um kommerziell rentabel zu sein. »Triff ’ deine alten Schulfreunde«, »Triff’ deine Familie und deine Freunde, die in Übersee leben«, »Nimm Kontakt zu den Menschen von der Arbeit auf, die du zu selten siehst«. Dabei handelt es sich immer um bestehende soziale Beziehungen, an die angeknüpft werden soll. Die Seiten sozialer Netzwerke gedeihen faktisch durch die Ausbeutung dieser existierenden Netzwerke. Daraus macht niemand ein Geheimnis. Das ist der wirkungsvollste Weg, ein webbasiertes Geschäftsmodell aufzubauen.

V.L.: Dabei handelt es sich also nicht wirklich um einen Raum, der eine kritische Perspektive erlaubt.

G.L.: Nein. Darin besteht der große Unterschied zwischen Web 1.0 und Web 2.0. Letzteres ist eine Welt ohne jegliche Kontroverse und Diskussion. Zwar können Menschen sich selbst organisieren, dies aber hauptsächlich durch die begrenzte Form bejahender Zusammenschlüsse. Es gibt allenfalls ein paar recht eindrucksvolle Tools da draußen für die Selbstorganisation. Zweifelsfrei eröffnen sich in einigen Fällen neue Möglichkeiten, etwa wenn ein Künstler in die Lage versetzt wird, ein Video zu machen und es dort einzustellen. Er oder sie kann damit eine ungeheuer große Menge an Menschen erreichen, verglichen mit den Video-Festivals, den Galerien oder unbekannten Plätzen, wo künstlerische Arbeiten zuvor gesehen werden konnten. Die Vervielfältigung der Publika in Web 2.0 ist sehr real, und in dieser Hinsicht machen Seiten wie digiactive.org interessante Arbeit. Aber es gibt da draußen kein Element eines öffentlichen Diskurses, und das sehr bewusst. Solche Elemente sind ausgelassen worden, und das gilt auch für alle Web-2.0-Anwendungen. Gibt es Blogs, die eine eigene Debattenkultur hervorrufen? Einige wenige gibt es tatsächlich. Einige Blogs eignen sich hervorragend für Kommentare, besonders von aktuellen Tagesnachrichten. Aber noch einmal, dadurch wird nicht notwendigerweise ein reicher und vielfältiger öffentlicher Diskurs geschaffen. Wenn du schon im Voraus weißt, was du erreichen willst und fähig bist, Organisations- »Kristalle« (wie Elias Canetti sie nennt) zu erschaffen, dann ist Web 2.0 eine perfekte Ansammlung von Werkzeugen. Aber wenn du dich zwischen sehr geschäftigen Jugendlichen oder unklaren Leuten wiederfindest, die erkennbar Mühe haben, sich einen Weg durch die widersprüchlichen Komplexitäten der späten Postmoderne zu bahnen, dann handelt es sich eher um ein kurzlebiges Abenteuer.

V.L.: Sind Online-Foren wie nettime, fibreculture, crumb, empyre und so weiter noch Produkte des Web 1.0?

G.L.: Ja, und man kann nur vermuten, dass im Falle eines Web 3.0 die Elemente der öffentlichen Debattenkultur von Web 1.0 wiederkehren könnten. Derzeit kann man auch sehen, dass allmählich die verbindenden Funktionen aus den großen sozialen Netzwerken wie Twitter, Facebook und MySpace in Anwendungen ausgelagert werden, die Menschen selber besitzen und installieren können, und die in diesem Sinne Unabhängigkeit erzeugen von der massiven Steuerung, die auf diesen bündelnden Plattformen geschieht. Hätten wir uns noch vor ein paar Jahren vorstellen können, dass es ein Facebook mit 350 Millionen Nutzern geben würde? Das ist eine unglaubliche Zahl. Sie können potenziell in Kontakt miteinander treten, aber keine »Öffentlichkeit« erzeugen. Sie sind bestenfalls beschränkte Öffentlichkeiten. Zwar ist es in bestimmten öffentlichen Foren möglich, aneinander zu geraten und Debatten zu führen, aber diese werden, signifikanterweise, nicht als Teil von Web 2.0 verstanden.

V.L.: Was wird geschehen und wird es nachhaltig sein?

G.L.: Man könnte sagen, dass der Hyper-Wachstum von Web 2.0 so gigantisch ist, dass es gerade dabei ist, in tausend Stücke zu explodieren. Das ist unvermeidbar. Die klaustrophobische Atmosphäre dieses sehr amerikanischen Verständnisses von netten »Freunden« und das, was sie alle in ihrem Alltag treiben, wird die Menschen langweilen und ihr Misstrauen erregen. Dieses Verständnis von »sozial« ist äußerst starr.

V.L.: Wie archivieren wir all dies und ist das überhaupt notwendig? Es gibt da draußen so viele Bilder, so viele Dokumentationen von Leben.

G.L.: Interessanterweise handelt es sich bei Web 2.0 um einen der am wenigsten archivierten Bereiche. Die Informationen von Twitter zu verwerten, ist derzeit eine der größten Herausforderungen für Google. Genau darum ging es in der Kontroverse um die Facebook-Einstellungen. Es ist fraglich, ob diese sozialen Aktivitäten verzeichnet und im offenen Internet sichtbar werden können. Web 1.0 war und ist weiterhin wesentlich besser archiviert. Grundlegend dafür sind die zentralisierten Aktivitäten und Initiativen, die wir im Moment kennen, wie beispielsweise archive.org, die Library of Congress, einige europäische Bibliotheken, die National Library in Canberra usw. Aber diese Initiativen sind schlicht zu klein für die großen Player wie Google, Microsoft, Yahoo oder Facebook. Sie gestatten es den kleinen Archiven nicht, ihre Informationen zu verwerten. Die heutigen großen Plattformen sind vielmehr selbst Archive. Es ist nicht bekannt, ob diese gigantischen kommerziellen Einheiten irgendein Interesse an langfristiger Archivierung haben. Selbst mit allen guten Absichten, die sie gegenüber existierenden Archiven hegen. Vielleicht besitzen sie nicht die Kapazitäten, um alles aufzubewahren. Man denke an blogger.com und die Millionen Blogs, die wieder verschwunden sind. Blogger löschen sie automatisch, wenn sie nicht länger benutzt werden.

V.L.: Das stellt die gesamte Vorstellung in Frage, man könne zeitgenössische Kultur archivieren.

G.L.: Es gibt ebenfalls eine fundamentale Verschiebung, die sich auf der Ebene der Protokolle und der Architektur des Internets vollzieht. Sie vollzieht sich vom Archiv zum Fluss. Viele Metaphern machen das sichtbar (man denke nur an Google Wave). Silicon Valley setzt von dem statischen Archiv zu der Kolonisation der Echtzeit über. Einige haben sich sogar von der Idee der »Suche« selbst verabschiedet. Das ist ein interessanter Punkt, da Suchen letztendlich eine zeitraubende Tätigkeit ist mit oftmals unbefriedigendem Ergebnis und eine, die in der Bibliothekswissenschaft entstanden ist.

V.L.: Internet-Suche ist ein bibliotheksbasiertes Modell?

G.L.: Ja, um eine Datenbank zu suchen, kehrt man zum Archiv zurück. Möglicherweise könnte das den Punkt bezeichnen, an dem das Google-Imperium ins Wanken geraten wird. Darum haben sie an vorderster Front Google Wave erschaffen, welches alle Feeds der Facebook- und Twitter-Konten usw. in ein Echtzeitereignis zusammenfasst, das sich auf dem Bildschirm vollzieht. Es ist ein online Tool für die echtzeitliche Kommunikation. Die Welle besitzt die Form der Strömung und die Form des Flusses. Es verhält sich nicht länger so, dass du da sitzt und ins Archiv zurückgehst, was eine vollkommen andere Herangehensweise ist. Das Internet als Ganzes wird zur Echtzeit, was bedeutet, dass du nur einen Ausschnitt sehen wirst. In dieser Hinsicht versucht das Internet der Unordnung und Komplexität der sozialen Welt angemessener zu werden.

V.L.: Würden Sie sagen, dass, auch wenn Facebook gewissermaßen zur Spiegelung unserer alltäglichen sozialen Beziehungen ersonnen wurde, die Komplexität unseres Lebens in einer technologischen Umgebung die Technologie zur schrittweisen Veränderung und Anpassung an das soziale Netzwerken zwingt, welches gleichermaßen real und virtuell ist?

G.L.: Ich würde es anders ausdrücken. Das Virtuelle will das reale Leben und die sozialen Beziehungen in einem solchen Ausmaß durchdringen und kartographieren, dass sich die Bewegung in diese Richtung vollzieht und nicht in die andere. Es gibt keinen einsichtigen Grund, warum die Welt virtueller werden sollte. Vielmehr ist klar, dass das Virtuelle realer wird. Hierin wird investiert und nicht mehr in Second Life, Virtualisierung und die Vorgabe, jemand anderer zu sein. Wir sind nicht aufgefordert vorzugeben, jemand anderer, sondern allein wir selbst zu sein. Du musst dich einloggen, du musst deinen Namen preisgeben. Die Idee des Virtuellen, in dem du möglicherweise zu jemand anderem werden könntest, ist zerplatzt. Wenn wir über die Virtualisierung des Alltags sprechen, beziehen wir uns auf die Tatsache, dass die Technologien selbst kleiner und mobiler werden.

V.L.: Welche Rolle kann der Künstler in einem Netzwerk einnehmen, wie wir es gerade skizziert haben? Oder wie können wir kritisch eingreifen, wenn nicht als Künstler? Ist es an der Figur des Hackers, des Kritikers, dies zu tun?

G.L.: Es gibt immer noch eine Vielzahl künstlerischer Wege um aufzuzeigen, wie Macht operiert. In diesem Feld haben wir noch nicht genug gearbeitet. Es wäre großartig, wenn mehr Künstler sich in der Welt des Internets engagierten, um es auf den Kopf zu stellen und völlig umzukrempeln. Viele von uns nehmen die Freiheit des Internets als gesichert an und behandeln es als ein zweitrangiges PRTool. Lasst es uns von innen her befragen. Damit meine ich auch die Ironie, mit der es zu spielen gilt. Das Problem besteht darin, dass es dafür ein wenig technischer Expertise bedarf, sodass der Aufruf der neunziger Jahre, die Künstler des digitalen Zeitalters sollten technisches Sachverständnis haben und fähig sein zur Dekonstruktion der benutzen Tools, meiner Meinung nach unverändert Gültigkeit besitzt. Dies kann allein durch eine Veränderung des Lebenslaufs und durch das Unterrichten von technischen Skills im Zusammenhang mit einer kritischen dekonstruktiven Agenda bewirkt werden. Wir können nicht einfach Nutzer, Konsumenten oder professionelle Anwender sein. Wir müssen die Glaswand um die geschmeidigen Schnittstellen zerschlagen und endlich zu programmieren beginnen. Darin bestand und besteht noch immer die Aufgabe des Künstlers. Oberflächen in ansprechender oder verstörender Weise zu gestalten, reicht nicht aus. Darin liegt auch das Problem der Visual Studies. Sie verhalten sich naiv in ihrer Selbstbeschränkung auf den symbolischen Gehalt des Imaginären, ohne den weiteren (technosozialen) Kontext zu verstehen, in dem diese Bilder zirkulieren.

V.L.: Was wäre ein Beispiel dafür, was bei Wikipedia auf dem Spiel steht?

G.L.: Wie arbeiten Menschen zusammen? Wir haben 2004 eine Konferenz zum Thema The Art of Free Cooperation veranstaltet. Was impliziert dieses Thema? Worin bestehen die Machtbeziehungen, wenn wir beginnen zusammenzuarbeiten? Wer moderiert? Wer übernimmt die Verantwortung? Wer definiert, was Wissen ist? Wie löst man im Internet Konflikte? Wikipedia stellt momentan einen Schauplatz dar, auf dem diese Fragen ausgefochten werden. Wenn man Akademien und Bildungseinrichten allgemein betrachtet, wird dort von Wikipedia immer noch als von etwas Verbotenem gesprochen. Aus Wikipedia zu zitieren ist nicht erlaubt und copy/paste gilt als Plagiieren, obwohl jede/r so arbeitet. Die großen Wissensinstitutionen befinden sich also in einem Prozess der Verleugnung, anstatt es aus der Perspektive zu betrachten, dass sie etwas davon lernen könnten. Mein Aufruf gilt einer wesentlich umfangreicheren Einbeziehung von Lernenden und Künstlern in Projekte wie Wikipedia. Zieh in einen »Wiki-Krieg«, wenn du der Meinung bist, dass das Geschriebene falsch sei.

V.L.: Gibt es ein Beispiel für jemanden, der kreativ an Wikipedia herangegangen ist?


G.L.: Es gab beispielsweise eine interessante Debatte über wikipediaart.org. Der Webseite zufolge handelte es sich um eine Zusammenarbeit, die von Scott Kildall und Nathaniel Stern intiiert wurde und ursprünglich darauf zielte, auf Wikipedia entstandene Kunst zu sein, und somit Kunst, die jeder bearbeiten konnte. Die Idee bestand darin, dass jeder beginnen konnte, Fotografien und Videos zu jedem Eintrag hinzuzufügen. Ein Anliegen war es, die Frage nach dem Urheberrecht aufzuwerfen. Das Wikipedia Art Project war innerhalb der Wikipedia-Community umstritten und wurde bereits fünfzehn Stunden nach seinem Beginn wieder von der Plattform entfernt. Warum scheut Wikipedia den visuellen Bereich? Weil Computerfreaks das Umfeld dominiert haben und die kollektive Vorstellung von dem, was diese gemeinschaftliche Internet-Enzyklopädie sein sollte, für sich beanspruchten; die ganze Idee von Wikipedia Art traf sie gleichsam wie von einem anderen Planeten und war nicht zu tolerieren.

V.L.: Welchen Veränderungen werden wir deiner Meinung nach in unmittelbarer Zukunft begegnen?

G.L.: Technologie wird mobiler – und unsichtbarer. Wir sind Zeugen davon, wie immer mehr Geräte mit dem Internet verbunden werden. Dieses »Internet der Dinge« ist bereits vor einiger Zeit prophezeit worden. Es beinhaltet ebenfalls die Fernwahrnehmung, sodass du beispielsweise registrieren kannst, was gerade in deinem Haus vor sich geht. Es bedeutet eine innere Verbindung von allem mit allem in einer sehr kostengünstigen Weise. Das ist kurz davor zu geschehen. Dies wird eine weitere Revolution. Mit dieser Entwicklung steht eine weitere Preissenkung in Verbindung. Netzwerktechnologie wird allgegenwärtiger, erreichbarer, sie wird überall sein bis zu dem Punkt, wo es die IT- und Mediensphäre verlässt und in andere Felder eintritt, solche wie zum Beispiel dezentralisierte Energieverteilung. Damit werden uns neue Anreize gegeben, eigene neue Räume zu schaffen, in denen wir nicht in dem Maße von anderen behelligt werden. Es wird einen unvermeidbaren Andrang danach geben, Räume für die eigene Autonomie zu gestalten.

Aus dem Englischen von Anna Sailer

Das Gespräch erschien in einer längeren Fassung im Broadsheet Magazine (2/2010)


 
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