»Achill wird Troia erneut belagern; dieselben Religionen, dieselben Zeremonien werden wieder aufleben; die Geschichte der Menschheit wird sich wiederholen; es gibt nichts, was es nicht schon einmal gegeben hat.« (Lucilio Vanini, De admirandis)
Wenn Sie Ihren Körper dazu zwingen, den Kanal Saint Martin rauf und runter zu laufen, und wenn Sie ihn während dessen darum bitten, über den FORTSCHRITT in jüngst gelesenen Büchern nachzudenken, wird Sie besagter Körper (außer Atem, rot angelaufen, am Ende seiner Kräfte) spüren lassen, dass dies ein höllisch hinterhältiger Begriff ist, der in der zeitgenössischen Literatur vor allem durch Abwesenheit glänzt.
Normalerweise auf nur wenige einfache Aufgaben konzentriert, jetzt Chaos und Konfusion ausgeliefert (da nichts weiter zu tun ist als einen Fuß vor den anderen zu setzen, Autos auszuweichen, immer auf die Atmung bedacht, also ganz und gar instinktiven Abläufen überantwortet), sind es die Diskontinuitäten, das ewige Wiederkäuen, der Schluckauf des Denkens, was uns am deutlichsten vor Augen steht.
Ganz versunken ins Laufen, erinnert man sich an einen Meister der Diskontinuität, genial in seinen Brüchen, immer bereit jede Gewissheit aufzulösen und den letzten Flitter der Identität zu zerstieben: Beckett: »All of old. Nothing else ever. Ever tried. Ever failed. No matter. Try again. Fail again. Fail better.«
Das Paradox kommt danach: Diese herrliche skeptische Macht setzt eine Kraft frei, ein Vertrauen, die geeigneten Mittel, um nicht zu verzweifeln, um weiterzulaufen (sicherlich um an seinen Ausgangspunkt zurückzukehren, aber diesmal in besserer Form, mit geschmeidigen Lungen) – durch seinen Humor, seinen Rhythmus, seine Erfindungskraft. In Mao II legt Don DeLillo einer seiner Figuren einige endgültige Sätze über den Iren in den Mund: »Beckett ist der letzte Schriftsteller, der unsere Weise zu sehen und zu denken geformt hat. Nach ihm beinhaltet ein bedeutendes Werk große Explosionen unter freiem Himmel und einstürzende Gebäude. Dies ist die neue tragische Erzählung.«
Am bemerkenswertesten ist daran nicht, dass diese Sätze 1990 geschrieben wurden, also lange vor dem 11. September, sondern eher die heroische Sicht auf die Literatur, die aus ihnen spricht, insofern sie der Literatur zutrauen, den schlimmsten Nihilismen trotzen zu können.
Es handelt sich nicht mehr um die romantische Ikonographie (die heute unerträglich geworden ist) des Großen Schriftstellers, der das Volk zum Licht führt, sondern um die geheime und feine Geschichte einer Weise des Fühlens und Sehens, die sehr langsam von Leser zu Leser fortschreitet (Beckett ist sicherlich der Nobelpreisträger, der sich am wenigstens verkauft).
Der Humor von Beckett, die dröhnenden Ausrufe seiner Erschöpften, die Kieselsteine, die Molloy unablässig von einer Tasche in die andere gleiten lässt, um an ihnen zu lutschen, der Rumpf im Namenlosen: Dies sind unsere überflüssigen Waffen und wir wollen keine anderen. Wir haben aus diesen Büchern gelernt, den Figuren zu misstrauen, den glatten Gedanken, die sich ungehindert entfalten, der Pose und dem Lyrismus.
Die berühmte Formel »Der König ist tot, es lebe der König!« verdichtet ein theologischpolitisches Denken, dem zufolge der König zwei Körper habe, einen physischen, vergänglichen und sündigen einerseits (saccus merdae), einen gloriosen und göttlichen andererseits, der die Kontinuität der Monarchie verbürgt. In den Augen Michons verkörpert Beckett eine dieser literarischen Hoheiten, nach Flaubert, Faulkner und einigen anderen. Keinerlei Fortschritt von einem zum anderen, aber Übergang, Kontinuität, Wirkmacht dessen, was er als unbeirrbare Texte bezeichnet (Absalon, Absalon!, Büchners Lenz, Artauds Van Gogh, Beckett, heute Bolano): »Die Theologie hat ein Wort um von eben jenen Texten zu sprechen, diejenigen, die aus dem Mund des Ewigen stammen. Es sind die unbeirrbaren Texte, solche, die nicht umherirren können. In derselben Terminologie sind alle anderen heiligen Texte, auch wenn sie aus dem Mund von Moses oder dem Heiligen Augustinus stammen, unter dem Begriff der Exegese entwertet.«
Michon ergeht sich danach über die asketische Schönheit des Iren, sein tief zerfurchtes Gesicht, die Intensität seines Blicks, das noli me tangere, das seine Persönlichkeit ausstrahlt, aber das ist weniger interessant.
Aus dem Französischen von Franziska Schottmann
Samuel Beckett, Molloy. Malone stirbt. Der Namenlose. Drei Romane, übers. v. Elmar Tophoven, Erika Tophoven und Erich Franzen, Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2005. Don DeLillo, Mao II, übers. v. Werner Schmitz, Köln: Kiepenheuer und Witsch 2000. Pierre Michon, Corps du roi, Paris: Éditions Verdier 2002; zuletzt erschienen von ihm auf deutsch: Rimbaud der Sohn, übers. v. Anne Weber, Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2008.
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