Die Grenze im Kino verläuft durch den Western, frontier ist der mythische Ort, an dem sich spätromantische Freiheitssucher (Cowboy) und bestehende Macht (Viehbaron) »Gute Nacht« sagen. Mythisch wirkt Thomas Arslans Film »Gold« kaum, und auf der diesjährigen Berlinale ist er nicht freundlich aufgenommen worden: als verunglückter Reiseausflug einer Gruppe deutscher Schauspieler, die fremd wirkt in der Natur Nordamerikas.
Tatsächlich scheint es so, als ob der Film Zeit brauche zu begreifen, was das für ein Ort ist, an den es ihn verschlagen hat (vielleicht geht es auch nur dem Zuschauer so – wie sich ein Auge allmählich an Dunkelheit gewöhnt, muss es sich hier erst an Nina Hoss und Uwe Bohm und Peter Kurth in ungewohnten Kostümen und Umfeld gewöhnen). Je länger der Film dauert, desto besser versteht er sich und man ihn. »Gold« ist eine Migrationsgeschichte aus vergangener Zeit, die daran erinnert, dass die Deutschen noch immer die größte Gruppe unter den Einwanderern nach Amerika ausmachen. Den Mythos schlägt Arslan mit Konkretion, also mit der Bärenfalle, in die getappt wird und die loszuwerden beschwerlich ist und Opfer verlangt. Der Aufbruch versumpft im Auszählen, nicht alle kommen durch. Auch wenn es »Gold« an der berückenden Erzählökonomie von Kelly Reichardts feministischem Western »Meek’s Cutoff« (2010) mangelt, so ist die Bewegung des Films durch die Vergangenheit eine aus der Gegenwart: Die Gefahr heißt hier nicht Frontex, sie besteht in den Unwägbarkeiten und der Gesetzlosigkeit des zu besiedelnden Landes.
Die Grenze zwischen Arm und Reich ist eine Schere, und die beste Art, nicht auf dem einen Schenkel ins Verderben (oder wie immer der Ort heißt, an dem Geld nicht glücklichen machen kann) zu rutschen, sondern an der finanziellen Aufwärtsbewegung teilzuhaben, ist: schon immer so zu tun, als sei man reich. Geld liebt sich selbst am meisten, und insofern erzählt Sofia Coppolas Film »The Bling Ring« nach einer wahren »Vanity Fair«-Reportage die Geschichte einer Reichtumsprätention, wie man sie von Einwanderern aus Großfamilien kennt, die an Statussymbole gelehnt (Autos) oder mit ihnen versehen (Schmuck) Bildpolitik zur Beruhigung für Zuhause machen müssen: Es geht mir gut, ich bin erfolgreich, ich werde die in mich gesteckten Erwartung an Finanzierung nicht enttäuschen. Hochstapelei ist das Märchen, das kommensurabler ist als die Wirklichkeit. [...]
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