Die soziale Welt lässt sich als eine Vielzahl von Arenen beschreiben, in denen Menschen teilen, schützen und verhandeln, was ihnen wertvoll ist. Dabei ziehen, verschieben und schleifen sie Grenzen zwischen einander und bringen so hervor, was Pierre Bourdieu soziale Felder nannte: Austragungsorte von Kämpfen, in denen um Einfluss auf gesellschaftliche Interessensobjekte gerungen wird. Von Arena zu Arena, von Feld zu Feld, sind die Spielregeln der Auseinandersetzung verschieden, ebenso der Glaube der Beteiligten an den Wert der Objekte, um die sie konkurrieren, und der Kapitalien, die sie dabei gegeneinander ausspielen. Neue soziale Felder entstehen durch Spezialisierung und Arbeitsteilung der Akteure eines bereits bestehenden Feldes, durch Diversifizierung von Interessensgegenständen oder durch Verschiebungen in der Kapitalstruktur. Sie begründen neue Spiele, neue Wertsphären, neue Konkurrentenkonstellationen. Haben die innere Ökonomie eines Feldes, seine Funktionsweise und die gemeinsamen Glaubensgrundsätze seiner Akteure eine hohe Eigengesetzlichkeit erreicht, ist es sinnvoll, dieses Feld von anderen Feldern zu unterscheiden.
Eine solche Unterscheidung nahm Bourdieu vor, als er 1992 in Les Règles de l’Art die Kunst als autonome gesellschaftliche Handlungssphäre beschrieb, die seit Mitte des 19. Jahrhunderts als eine soziale Arena institutionalisiert gelten kann, die genügend eigenständige Kriterien für die Exklusion und Inklusion bestimmter Praxen, Begriffe, Objekte und Akteure hervor gebracht hatte, um einen eignen gesellschaftlichen Raum gegen andere Räume abzugrenzen. Einen Raum, in dem Spielregeln gelten, die nur hier und nirgends sonst anerkannt werden.
Bourdieus Beschreibung greift indes 150 Jahre zurück. Was aber kommt dabei heraus, wenn wir sein Beschreibungsmodell für die Gegenwart aktualisieren? Meine These: Wir werden es nicht bei der Unterscheidung zwischen künstlerischem Feld und anderen Feldern belassen können. Stellen wir die fortschreitende soziale Differenzierung in Rechnung, scheint es längst notwendig und sinnvoll, statt von einem von verschiedenen Feldern der Kunst zu sprechen. Im Folgenden werde ich vorschlagen, zehn solcher Felder voneinander zu unterscheiden, und werde im Anschluss ein elftes Feld normativ postulieren, das die auseinanderdriftenden Wertsphären der Felder 1 bis 10 durch eine übergreifende und kooperative Perspektive ergänzt. [...]
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