Lebensstile sind ein Faktor für soziale und symbolische Grenzziehungen. Das ist unbestritten, unklar dagegen ist noch, wie die Wechselbeziehung zwischen Lebensstilen und Distinktionen genau funktioniert und inwieweit Lebensstile und soziale Grenzziehungen sich wirklich wandeln können.
Wir schließen vom Wohnort und Wohnungsinterieur, von der Kleidung, vom Musikgeschmack, von den Lieblingsserien, von der Tageszeitung, die jemand liest, von den Essgewohnheiten, der Zigarettenmarke, der Brille, den Tattoos, dem Geruch und der Wortwahl, mit der man sich ausdrückt, auf den Menschen, der dahinter steckt: auf Charakter und Persönlichkeit, politische Einstellung, sexuelle Orientierung, Bildung, Beruf und auf alle Facetten der Lebensführung, die nicht sofort ins Auge fallen. Der Lebensstil, d.h. das einigermaßen kohärente und stabile Muster äußerlich identifizierbarer Verhaltensweisen und Vorlieben eines Menschen, hilft uns diesen zu kategorisieren und Stereotype zu aktivieren. Und auch wir selbst symbolisieren durch das, was wir tun und lassen, für unsere Umwelt unweigerlich die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Personentypus. Wir begeben uns in Schubladen, ob wir wollen oder nicht.
Die durch Lebensstilmerkmale ausgelösten Kategorisierungen sind aber kein Selbstzweck, sie entfalten Handlungsrelevanz. Experimentelle Studien zeigen beispielsweise, dass jugendliche Probanden Gleichaltrige – mit sonst gleichen Eigenschaften – lieber kennen lernen möchten, wenn ihnen deren musikalische Vorlieben zusagen. Ein Prinzip, das dabei vorherrscht und das für die Wahl von Freunden wie auch das Eingehen von Partnerschaften zentral ist, folgt der Maxime »Gleich und gleich gesellt sich gern«. Wir bevorzugen Menschen, die uns ähnlich sind – nicht nur im Lebensstil, sondern auch entlang sozialstruktureller Dimensionen, etwa nach Bildungsstand, Klassenzugehörigkeit und Altersgruppe. Lebensstile verfestigen soziale Grenzen: Personengruppen, die sich in der symbolischen Gestaltung des Alltags unterscheiden, gehen auch sozial auf Distanz zueinander. [...]
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