





polar #10: Endlich
EDITORIAL
UNBEGREIFLICH
UNENDLICH
UNHEIMLICH
»Reden wir über den Tod« Alexander Kluge im Gespräch mit Christoph Schlingensief
| Anna-Catharina Gebbers Der Kampf um das Reale der Gegenwart Zur Kunst Christoph Schlingensiefs
| Veit Loers Those Ghosts Das Memento Mori der Gegenwart als Wiederkehr des Unheimlichen
| Jens Balzer Metaphysik 2.0 Tod und Transzendenz im Witch House
| Thomas M. Bohn Popstar oder Dorfmonster? Vampirismus im Donau-Balkan-Raum
| Ina Kerner Leben im Kapitalismus: >Grabstein-Shopping<
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Martin SaarBildpolitik: >Lebensgefahr< | Die in unserer Kultur kanonische und für den Straßenverkehr international verbindliche Darstellung für Lebensgefahr zeigt den Tod. Anders als andere Gefahrenanzeigen, die das konkrete Bedrohtsein durch Absturz, Schleudern oder wilde Tiere dramatisch in Szene setzen, ist dieses Zeichen auf eine fast beunruhigende Weise abstrakt. Denn es deutet auf einen Endpunkt, etwas Endgültiges, und deshalb setzt es ein Zeichen an die Stelle der Illustration eines möglichen Vorgangs. Ursprünglich war es zur leicht verständlichen Kennzeichnung giftiger Flüssigkeiten in Apotheken und Chemielabors bestimmt; inzwischen hat das Schild die drei Referenzen Tod, Gefahr und Warnung in ein allgemeines Zeichen zusammengezogen, das überall und für alle gravierenden Risiken gelten kann.
Die Motiv-Quellen für diese Bildsprache sind uralt, sie speist sich bis ins Detail der gekreuzten Knochen aus den antiken und mittelalterlichen memento mori-Darstellungen, die oft als Elemente an Grabmalen an die Vergänglichkeit alles Irdischen gemahnen. Der im wörtlichen Sinn auf seine Knochensubstanz reduzierte, entblößte Menschenkopf ist aber auch noch in dieser abstrahierten und zentralperspektivischen Darstellung auf eine fast erschreckende Weise persönlich: Der Tod blickt dem Betrachter direkt in die Augen.
Der tödliche Ernst dieses Motivs, den das Schild ja aufrechterhalten muss, um seine Warnfunktion überhaupt ausüben zu können, ist inzwischen natürlich längst bedroht durch seine populärkulturelle Verbreitung. Wo Heavy Metal, Piratenfilme, Tätowierungen und erfolgreiche Modefirmen Schädel und Skelette massenhaft in den Alltag und sogar in die Kinderzimmer bringen, sind die Todeszeichen so gewöhnlich geworden, dass sie schon keine mehr sind; die Todesgefahr ist damit zumindest symbolisch entschärft durch Trivialisierung, »verdrängt« ist sie damit aber nicht. Es ist eine offene Frage, ob der Umgang mit Tod und Lebensgefahr bei der Religion, den Sicherheitsbehörden oder in der Unterhaltungsindustrie in den besten Händen ist. Den kalten Blick aus toten Höhlen ganz bannen kann niemand.
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