Das Online-Magazin zur Zeitschrift | HALBJAHRESMAGAZIN polar






polar #6: Wie leben



EDITORIAL

 
Peter Siller, Bertram Keller
Editorial



KOLLAPS

 
Claus Leggewie, Harald Welzer
Anpassung an das Unvermeidliche?
Klimawandel als kulturelles Problem
 
Jürgen Trittin
Ökologischer Materialismus
Wie die Natur politisch wird
 
Mike Davis
Heavy Metal Freeway
Autofahren am Rande des Nervenzusammenbruchs
 
Christine Heidemann
Kondensate des Protests
Anmerkungen zum Verhältnis von Kunst und Ökologie
 
Anton Leist
Konflikt statt Konsens
Zur vergeblichen Demokratisierung der Umwelt
 
Arnd Pollmann, Stefan Huster, Johan Frederik Hartle, Ödön von Horváth
Ist es links?: >Entfremdung<
 
Anja Wenzel
Bleib und komm wieder
Der Bicaz-Stausee in der rumänischen Moldowa
 
Raimar Stange
Das Klima ist ein Klima ist ein Klima
Kunst und Klimawandel als geschlossenes System
 
Der wahre Text: >Nachhaltigkeitsbericht 2008<
Neue Berliner Sprachkritik
 
Martin Saar
Bildpolitik: >Naturschutz<
 
Stephan Ertner
Sinncontainer: >Verzicht<



WIDER DIE NATUR

 
Émilie Hache, Bruno Latour
Die Natur ruft
Wem gegenüber sind wir verantwortlich?
 
John Dupré
Technologische Tiere
Was ist natürlich an der menschlichen Natur?
 
Chacho Liempe
Widerstand gegen das Verschwinden
Die Erfahrung der Mapuche
 
Oliver Müller
Natürlich leben
Überlegungen zur Natürlichkeit als Maß des menschlichen Handelns
 
Vera Tollmann
Wind und Werbung
Eine chinesische Bildrecherche
 
Michaela Vieser
Reise ins Wunderland
Vom Finden, was man nicht gesucht hat
 
Sigrid Schmitz
Wie kommt das Geschlecht ins Gehirn?
Hirnforschung und Dekonstruktion
 
Ina Kerner
>Scham, Norm, Messer<
 
Cord Riechelmann
Das Wissen der Tiere
Anmerkungen zu Marcel Beyer und Dietmar Dath



MEIN HALBES JAHR

 
Christoph Raiser
>Musik<
 
Matthias Dell
>Film<
 
Bertram Keller
>Literatur<



ELEKTRISCHE MONDE

 
Thomas Schramme
Tod dem Mondenschein
100 Jahre Futurismus
 
Donna Haraway
Ein Manifest für Cyborgs
Feminismus im Streit mit den Technowissenschaften
 
Arnd Pollmann
It takes a fool to remain sane
Spätmoderner Körperkult als Arbeit am eigenen Fremdkörper
 
Franck Hofmann
Transurbane Felder
Landschaften und Bürgerschaftlichkeit in Europa



SCHÖNHEITEN

 
Michael Eggers
Schlechtes Wetter
Natural Suspense: Die Katastrophenthriller des Adalbert Stifter
 
Julie Miess
Zugerichtet
Terminatrix 2004: Der Cyborg als feministische Utopie
 
Metin Genc
Das wüste Land
Meer ohne Wasser: Raoul Schrotts Erzählung Khamsin
 
Anja Höfer
Brake is beautiful
Animalistic Turn: Verbotene Früchte von Blumfeld
 
Christoph Raiser
Aus heiterem Himmel
Neuere Zoologie: Tierbeobachtungen von Douglas Adams und Mark Cawardine
 
Kerstin Carlstedt
Geradewegs in die Hölle
Hund, Kaninchen oder Frettchen: Ulrich Seidls Tierische Liebe
 
 

Daniel Ulbrich

Gmögigi Sprach, gfürchtigi Berg

Alpenglühen: Tim Krohns schwyzerschrifttüütsches Bergromanpaar Quatemberkinder und Vrenelis Gärtli


Vrenelis Gärtli ist ein 2.904 Meter hoher Berg im schweizerischen Glärnischmassiv, unter dessen charakteristischem Firnfeld, der Sage nach, das gottesversucherische Vreneli liegen soll, das hier einst einen Garten anlegen wollte, jedoch eingeschneit wurde und jämmerlich erfror. Die Sage selbst wiederum soll, wie es heißt, auf die Zwischeneiszeit und ihre langwährenden Hungerperioden zurückgehen. Tim Krohn hat in seiner Romandilogie das Vreneli wiederauferstehen lassen, ihm den Hirtenjungen Melk zur Seite gegeben, und beiden mithilfe einer Kunstsprache aus Hochdeutsch und Glarner Dialekt neues Leben eingehaucht.Herausgekommen sind einerseits zwei Romane über das Aufwachsen im Kanton Glarus um die Mitte des 19. Jahrhunderts. Da höcklet man mit dem Melk in einer Tuchfabrik im früh industrialisierten Glarnertal. Man höslet ihm auswärts ins Welsche nach. Und lange Jahre hindurch sieht man ihn im Wechsel der Jahreszeiten mit dem Vieh z’Berg auf die under Stafel, und von dort aus auf die ober Stafel chräsmen (wo das beste Muetteri wächst), um ihn schließlich im Spätsommer Weidestufe für Weidestufe wieder z’Tal ziehen zu sehen.Doch der Melk und das Vreneli sind eben auch Quatemberkinder, denen Gschpängsterli, Hexli und Schrättli eine Selbstverständlichkeit sind, und denen es selbst geborgen in der ihnen eigenen gmögigen Sprache schwer zu fallen scheint, in den gfürchtigen Bergen ein wirkliches Diheimed zu finden. Und so lässt Tim Krohns Bergromanpaar anderseits das Erzählen vom Aufwachsen in und mit der Natur immer wieder ins Übernatürliche hinüberwechseln. Ein Nebel erschwert dann nicht mehr bloß das Viehhüten, sondern erweckt tiefes Sehnen und Planggen. Ein Bergsturz wird durch das sorglose Umefendere eines Quatemberkindes in amourösen Angelegenheiten ausgelöst. Und wer das Tauwetter angegattigt hat, durch das das Vreneli aus seinem Kältebann erlöst werden wird, bleibt am Ende ebenso geheimnisvoll wie die Ursache des Alpenglühens: Ob es das natürliche Streulicht war, das die Gletscher brünnen machte, oder der Widerschein des menschengemachten Brandes, der 1861 Glarus verheerte – oder einfach nur die süttig glühende, übernatürliche Kraft des Eros? Was das charakteristische Firnfeld auf Vrenelis Gärtli betrifft, so soll es übrigens im Sommer 2003 erstmals vollständig abgeschmolzen sein.


 
Julia Roth
Perfekt
Kein Geschlecht oder viele: XXY von Lucia Puenzo
 
Thomas Schramme
Ungeheuer
Schlimmer als der Mensch: John Stuart Mill über die Natur
 
Susanne Schmetkamp
Krone der Schöpfung
Haare und Hormone: Michel Gondrys Debutfilm


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