





polar #6: Wie leben
EDITORIAL
KOLLAPS
WIDER DIE NATUR
MEIN HALBES JAHR
ELEKTRISCHE MONDE
SCHÖNHEITEN
Michael Eggers Schlechtes Wetter Natural Suspense: Die Katastrophenthriller des Adalbert Stifter
| Julie Miess Zugerichtet Terminatrix 2004: Der Cyborg als feministische Utopie
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Metin GencDas wüste LandMeer ohne Wasser: Raoul Schrotts Erzählung Khamsin | Das Thema von Raoul Schrotts kleiner Erzählung Khamsin ist eingängig: Nordafrika 1941, Zweiter Weltkrieg: hier treffen das Zivilisationsprodukt ›technisierter Krieg‹ und die unwirtliche Unberührtheit der Sandwüste aufeinander. Vier versprengte britische Soldaten verunglücken in der Sahara, sie versuchen, in diesem Naturraum zu überleben und mit knappen Ressourcen und minimierten Orientierungsmöglichkeiten an der ausfransenden Peripherie der Wüste die Ausläufer von Zivilisation zu erreichen. Wie zugänglich man sich Afrika einst gewünscht hat, zeigt ein Blick in den Atlas: So hübsch und überwiegend linear eingeteilt sind bis heute noch die allermeisten Nationalgrenzen, weil Europäer einst die ›Protektorate‹ an Meridianen entlang auf der Karte einzeichneten. Kontinent trifft Geometrie. Die wackeren Briten in Khamsin dagegen müssen spüren, wie unzugänglich dieser Kontinent tatsächlich sein kann. Kein Gefühl der Überlegenheit des Menschen, das als Motor der Zivilisation ihn von Natur trennen musste und noch immer trennen muss. Aber die Wüste ist hier auch nicht schiere Naturgewalt. Sie ist, was sie dem Auge und der Phantasie bietet: Natur, die sich »in einer durch nichts auszudenkenden Zeit« selbst immer wieder gemalt und übermalt hat. Und diese kleine Erzählung schafft dort ein Portrait von Wüste, wo diese für die Figuren nur noch »monochromer Raum ist, der das Auge verdorrt«. Wenn Stille keine Unterscheidungen mehr liefert, ist die Wüste »bis auf die Wegmarken bar jeder Symbolik«. Sie ist ein entlegener weißer Fleck auf der Karte, der am Ende eines zufälligen Schauens, nicht eines gezielten Suchens steht. Seiner Erzählung stellt Schrott einen Essay hinzu: Die Namen der Wüste. Darin werden die Namen aufgerufen, die Kulturen, Völker und Stämme für das Sandmeer erfanden. In diesen Benennungen liegt die Involviertheit des Menschen in die Natur ebenso eingefaltet wie die Konfrontation mit diesem Lebens- und Transitraum, der alles in und um sich prägt: Das arabische ›qafr‹ heißt verbranntes Land, im hebräischen ›midbar‹ klingt das Weiden der Tiere nach, die in den ehemals fruchtbaren Wüstenregionen im Futter standen, ›bhar bela ma‹, das ist das Meer ohne Wasser. So erlauben Erzählung und Essay zusammen einen kunstvoll arrangierten Blick auf einen scheinbar amorphen Naturraum, dessen Gestalten und Namen man beim Lesen als Leidender und Forschender zugleich abschreitet. |

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