Optimismus gilt unter »Progressiven« jenseits von rechten und linken Kulturpessimisten als notwendige Haltung, um politisch zu motivieren und zu mobilisieren. Es handelt sich dabei oftmals weniger um eine Zukunftsprognose als um einen psychologischen Ansatz. Analog zu der Behauptung, man brauche Religion für den sozialen Zusammenhalt, ganz egal ob es nun Gott gibt oder nicht. Für einen politischen Ansatz, der sich irgendwie der »Wahrheit« bzw. dem »Richtigen« verpflichtet fühlt – soweit wir aufrichtig meinen, etwas darüber sagen zu können – ist diese psychopolitische Strategie schwierig. Denn zur Wahrheit gehört auch: Wir werden sterben. Es wird vermutlich kein zweites, drittes, ewiges Leben geben. Die ganze Menschheit wird enden, lange bevor unsere Sonne wieder erlischt. Jenseits des Zweckoptimismus gibt es aber einen anderen, realistischen und ganz und gar unpsychologischen Grund, warum wir Optimismus dringend brauchen: Weil wir die Dinge vor unserem Ende tatsächlich zum Besseren gestalten können. Nicht als Selbstläufer der Geschichte, sondern als aktive Haltung. Und manchmal auch, indem wir es einfach laufen lassen. Peter Siller
Veränderung braucht Optimismus. Leider bleiben Linke oft in einer Haltung gesellschaftlicher Kritik stecken, die allein das Negative einer bestehenden Ordnung aufzeigt: soziale Ungerechtigkeit, Entfremdung, Ausbeutung der Natur, kulturelle Hegemonie. Gesellschaftskritik ist wichtig. Ohne machbare Gegenvorschläge aber führt sie fast notwendig in einen sozialen Pessimismus. Zwar ist das naive Vertrauen der Konservativen in Wunderkräfte der Technik, des Marktes, der kulturellen Tradition keine Alternative. Das neoliberale TINA-Mantra von der Alternativlosigkeit des Kapitalismus ebenso wenig und auch nur zynisch als optimistisch anzusehen. Es gibt immer alternative Weisen, die Welt zu sehen und zu gestalten. Eine kraftvolle linke Politik hat daher auch eine soziale Utopie und damit eine optimistische Weltsicht, die von der Möglichkeit einer besseren Welt ausgeht. Bertram Lomfeld