Die Wahl Trumps hat in der politischen Kunst eine neue Vitalität ausgelöst. Sie soll radikal sein, provozieren, nonkonformistischen Raum schaffen und vor allem will sie verändern. Spätestens seit den 1960er Jahren hat Politik so einen Platz in der Kunstwelt. Politische Kunst ist heute keine neue Erscheinung mehr. Doch wenn etwas, dessen Ziel die Veränderung ist, fortbesteht, dann deshalb, weil das Ziel noch nicht erreicht wurde. Der Fortbestand gibt Anlass zur Frage, ob Ziele verfehlt wurden, ob der Lebendigkeit ein Scheitern zu Grunde liegt. Dieser Frage nachzugehen bedeutet die Frage nach dem Wesen, den Zielen und Perspektiven politischer Kunst zu stellen. Ist Kunst besser, wenn sie politisch ist? Kann Kunst die Welt verändern? Ist sie als politische Kunst emanzipiert, oder sind wir es? Und was bedeutet politische Kunst heute – in der Ära Trumps? Der in Frankfurt am Main lehrende Philosoph Frank Ruda sowie die junge Generation New Yorker KunstkriterInnen um das Magazin Caesura suchten jüngst Antworten auf diese Fragen. Es folgt ein Zusammenschnitt der Diskussion: gegen »politische« Kunst.
Kunst als kultureller Widerstand
In den vergangenen US-Wahlen fühlte sich die politische Kunst zu neuem Aufschwung berufen, und auch nach der Wahl hält dieser Zustand an. In Zeitschriften und Museen reihen sich protestierende Kunstwerke aneinander, die nicht selten aus illustrierten politischen Slogans bestehen. Dabei lieferte die US-Wahl ein Lehrstück in Sachen Politik und Kunst. Zu beobachten war eine künstlerische Allianz von Subversive bis Pop, die unter dem Slogan »I’m with Her« für Hillary Clinton warben. Avantgardistisch anmutende Kunstwerke fanden sich hier mit Beyoncé im Kampf gegen Trump zusammen. Nach der Wahl bleibt festzustellen: Vergebens. Trotz einem starken Rückhalt der politisch inspirierten Kunst konnte Hillary Clinton nicht gewinnen. Im New Yorker Kunst-Magazin Caesura stellt Allison Hewitt Ward dazu nüchtern fest: »Donald Trump enjoyed no such endorsements. But Donald Trump won.« Der Versuch der gebündelten Intervention ist nicht neu. Erinnert man sich beispielsweise an die Wahl Ronald Reagans, reagierte nicht nur die linke Intelligentia sondern auch die Kunstszene ähnlich wie im vergangenen Wahljahr. Als exemplarisch für die Vereinigung der Kunstwelt mit der Politik kann Joseph Beuys gesehen werden, der beides in seinem Pop-Hit »Sonne statt Reagan« zum Ausdruck brachte. Die Wahl des Genres dient freilich der größtmöglichen Reichweite. Politische Kunst will nicht für sich bleiben, sondern überzeugen. Und welches Genre eignete sich hierfür besser, als das der Pop-Industrie, die Weitreiche und Vermarktung zum Vorzeichen ihrer Produkte machen. Doch schon damals gelang dem, von den Demokraten als rechten Demagogen eingestuften, Ronald Reagan trotz allem die Ernennung zum Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika. Und während die Demokratische Partei schnell zum Business as usual überging, blieb die linke Opposition mit einiger Verwunderung zurück. Aber warum kommt die politische Kunst nicht an ihr Ziel? Und was ist eigentlich politische Kunst? [...]