Alle warten auf das Ende. Das Ende der liberalen Demokratie, das Ende der Reise, das Ende des Regens; ich persönlich warte oft nebenberufsbedingt auf das Ende des Konzerts.
Besonders heiß herbei sehnte ich mir das Ende des Konzerts von Flying Lotus, das anlässlich der diesjährigen Fete de la Musique von der Corporate-Branding-Popkultur-Schnittstellenorganisation Red Bull Academy im Mauerpark organisiert worden war. Vom VIP-Bereich aus konnte man eigentlich gar nichts sehen und auch nur ein großes Gemumpfe hören, dies aber dafür sehr laut. Überdies tummelten sich hier hunderte Medienpartner und Vertreter der so genannten Musikindustrie, da umsonst alkoholische Red-Bull-Mixgetränke angeboten wurden; Bier gab es sogar auch, weswegen auch ich den doofen Bereich nicht verließ, um einen audiovisuell günstigeren Standort zu suchen. Guter Sound, aber kein Bier? Alptraum!
Begonnen hatte der Abend für mich mit dem Auftritt des kalifornischen E-Bassisten Stephen Bruner alias Thundercat, der hunderte Noten in jede Minute zwängte, also jedes mit seinem wattierten Kuschel-Jazz-Gesang beginnende Stück in ein amtlich relaxtes Fusion-Gefummel entgleisen ließ, für dessen professionelle Erzeugung jeder Musiker allerdings jahrzehntelanges Training durchlaufen muss. Jeder echte Popmusikfreund weiß, dass das Goutieren sinnloser Scheußlichkeit zu den größten Freuden des Rezipienten zählt, so ist es zu begrüßen, dass sich unsere zunehmend am Konzept der Popakademie geschulte Jugend heuer wieder für Musik begeistert, die keine Berührungsängste mit uncoolem Muckertum hat!
In diesem Zusammenhang sollten die ebenfalls U.S.-amerikanischen Gruppen Vulfpeck und Knower nicht ungenannt bleiben, zwei Youtube-Phänomene, jedes auf seine Weise diesen neuen Trend vorantreibend: Musikermusik, die auch Hipster gut finden können. Bei Vulfpeck handelt es sich um sehr tightes Siebziger-Gegroove, das sich gut zum Schwingen von Handtaschen eignet, bei Knower, der wohl doch noch interessanteren Band, um teilweise Skrillex-haftes Zusammeneditieren stressiger Achtziger-Fusion-Sounds mit jazzgeschultem Druckschlagzeug und ätherischem Damengesang. […]